Hitzige Debatten zwischen Bund und Land

Schon 293 Südafrika-Fälle in Tirol: Lockdown-Entscheidung vertagt

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Am Sonntag versuchte das Gesundheitsministerium Tirol zum Lockdown bewegen. Tirol wehrte eine Abriegelung zunächst aber ab. Indes sind die Fälle der Mutation weiter gestiegen.

Am Samstag hieß es noch, dass Tirol 75 B.1.351-Fälle – davon nur einen aktiven Fall – habe. Sonntag wurde aber bestätigt, dass es 300 – davon acht aktive – Fälle der südafrikanischen Variante seien, 165 davon hatte das IMBA (In­stitut für mole­kulare Biotechnologie) sequenziert, den Rest die Uni Innsbruck. Dramatisch: Die Fälle sind längst in halb ­Tirol verteilt. Während das Gesundheitsministerium erneut versuchte, Tirol zu einer Verlängerung des Lockdowns und reduzierter Mobilität zu bewegen, blockierte ÖVP-Landeshauptmann Günther Platter das in einer Videokonferenz mit Kanzler Sebastian Kurz und Anschober.

Seit Samstag finden zwischen Tirol und dem Bund hitzige Debatten darüber statt, wie man die Ausbreitung der südafrikanischen Mutation (aktuell neun Prozent Verbreitung) noch verhindern könnte.

  •  Anschober wollte das Modell der „zona rossa“ Italiens, wie es in Südtirol gerade umgesetzt wird. Neben einem Lockdown solle auch keiner das Land, nicht einmal die eigene Gemeinde verlassen. Hier wäre es darum gegangen, nur in Notfällen in andere Bundesländer zu fahren. Tirols VP-Granden – Platter, Wirtschaftskammer, Landwirtschaftskammer und Co. – lehnten das ab.
  •  Im Gegenzug dürfte Platter ein temporäres Verbot für Zweitwohnsitze vorgeschlagen haben.
  • Die Überlegung, einzelne Regionen abzuriegeln, dürfte vom Tisch sein, weil die B.1.351-Fälle nun nicht nur in Schwaz, sondern auch in Innsbruck-Land und Kufstein seien.

In Tirol fühlt man sich unfair behandelt und verweist trotz allem auf „wenige“ Fälle. Nachdem Christoph Walser für die Wirtschaftskammer erklärt hatte, Tirol werde „so oder so aufsperren“, wurden die Verhandlungen nochmals komplizierter. Die Entscheidung wurde vertagt.

 

Druck aus Tirol wächst an

Indes wuchs der politische Druck aus Tirol am Wochenende - und vor allem am Sonntag - stetig an. Die schwarzen Präsidenten von Arbeiter-, Landwirtschafts- und Wirtschaftskammer sowie alle Tiroler ÖVP-Nationalratsabgeordneten machten mobil, sprachen sich gegen Verschärfungen aus und forderten dieselben "bedachtsamen Öffnungsschritte" für Tirol analog zum Bund. "Die Zahlen geben weder eine Verlängerung noch eine Abschottung Tirols her. Es kann doch nicht sein, dass man die Tiroler bestraft, weil wir hier schneller und vorsichtiger als andere agiert haben. Wir waren die ersten, die zu sequenzieren begonnen haben und nun darf uns daraus kein Strick gedreht werden", erklärte Landwirtschaftskammerpräsident Abg. Josef Hechenberger.

"Die Menschen im Lande haben über Monate alle Maßnahmen geduldig über sich ergehen lassen - jetzt ist aber wirklich genug", meinte AK-Chef Erwin Zangerl in Richtung Türkis-Grün in Wien. Und Wirtschaftskammerpräsident Christoph Walser, der bereits am Samstag Gesundheitsminister Anschober scharf attackiert hatte, ließ wissen, eine Abschottung wäre ein "Schlag unter die Gürtellinie" und würde das Vertrauen in die Entscheidungsträger zerstören. "Wir dürfen und werden uns das nicht gefallen lassen", so Walser, schließlich liege man bei allen Zahlen unter dem Bundesschnitt.

In der ZIB 2 legte Walser nach. "Wir sperren morgen auf", meinte er. Tirol wolle einfach nur gleich behandelt werden wie alle anderen Bundesländer. Hinsichtlich der Corona-Zahlen warf er dem Gesundheitsministerium ein falsches Spiel vor: Er glaube, dass "massiv falsch informiert" bzw. mit falschen Daten gearbeitet werde, so Walser und wies auf die lediglich acht aktiv positiven Fälle hin.
 

Tiroler ÖVP-Mandatare: "Wir stehen zu unserem Land"

Und schließlich stimmten auch die Tiroler ÖVP-Nationalräte Kira Grünberg, Alexandra Tanda, Rebecca Kirchbaumer, Franz Hörl und Hermann Gahr in den Chor ein und ließen die Parteifreunde und den Koalitionspartner im Bund wissen: "Wir stehen zu unserem Land und lehnen überschießende und sachlich nicht begründbare Schikanen ab. Die Betrachtung darf nicht nur aus virologischer Sicht passieren, sondern muss gesamtgesellschaftlich erfolgen. Diese Position werden wir auch in Wien in aller Klarheit vertreten."



 

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