Wolfgang Schüssel wird offenbar als möglicher EU-Ratspräsident gehandelt. Die Chancen des Ex-Kanzler stehen gut, berichten Medien.
Die Financial Times (FT) hat VP-Klubobmann Wolfgang Schüssel als möglichen ersten EU-Ratspräsidenten genannt. Bevor es soweit ist, muss zwar erst der EU-Reformvertrag von allen EU-Staaten ratifiziert werden, doch die Chancen des österreichischen Ex-Kanzlers auf das hohe Amt in Brüssel stehen laut FT-Kommentar vom Freitag gut. Ebenso wie die des luxemburgischen Premiers Jean-Claude Juncker, Dänemarks Anders Fogh Rasmussen und Irlands Bertie Ahern. Die zugrundeliegende Hypothese: Die EU suche nach einem "Macher, nicht nach einem Führer".
Ein politisches Schwergewicht auf dem internationalen Parkett, so das Blatt, würde als "störend" für das gegenwärtige Gleichgewicht in Brüssel empfunden. "Würde man jemand von Statur ernennen, würde man Revierkämpfe riskieren", schreibt der Kommentator im Hinblick auf den Kommissionspräsidenten und den künftigen "EU-Außenminister", der zugleich Vizekommissionschef sein soll. Um derartiges zu vermeiden, würde ein Bürokrat gesucht, der "keine Bedrohung" darstelle, so der Kommentator sinngemäß.
"Die Namen, die einander in Brüssel zugeraunt werden, sind die von Politikern, von denen nicht einmal die meisten Europäer je zuvor gehört haben." Als derzeit entscheidende Frage bezeichnete das Blatt es, ob die EU "gleiches politisches wie wirtschaftliches Durchsetzungsvermögen" anstrebe. "Wenn man die Liste von Namen betrachtet, die als mutmaßliche Bewerber im Umlauf sind, scheint die Antwort ein schallendes Nein zu sein."
Bereits seit langem im Gespräch um den künftigen EU-Spitzenposten: Der britische Ex-Premier Tony Blair. Er sollte bei seinen lukrativen Vortragstätigkeiten bleiben, beruft sich FT auf spöttische Stimmen in Brüssel. Eine Entscheidung über die EU-Spitzenjobs wird im kommenden Jahr fällig, sofern der Reformvertrag zuvor alle Hürden genommen hat und mit 1. Jänner 2009 tatsächlich in Kraft treten kann.