Die Innenministerin antwortet auf den Brief vom EU-Kommissar.
Der Brief von EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos, in dem dieser erklärt, dass Österreich mit seinen Beschränkungen für einreisende Flüchtlinge gegen diverse Rechtsgrundlagen verstoße, ist für die Adressatin, Innenministerin Mikl-Leitner, "an die falsche Adresse geschickt worden". Das erklärte die Ministerin am Samstag in einer Stellungnahme für die APA.
"Der Brief ist offenbar an die falsche Adresse geschickt worden."
"Es sollte allgemein bekannt sein, dass Österreich nicht an der EU-Außengrenze liegt und daher sicher nicht das erste sichere Land ist, dass diese Menschen betreten", sagte die Ministerin. Daraus folge: "Wenn sich alle an den Inhalt des Briefes halten würden, hätte Österreich keine Probleme. Der Brief ist offenbar an die falsche Adresse geschickt worden."
In ihrer schriftlichen Antwort an Avramopoulos, die der APA vorliegt, weist die Ministerin den EU-Kommissar zwar nicht explizit auf diesem "Irrtum" hin, versichert Avramopoulos aber, sie sei "völlig Deiner Meinung, dass Personen, die internationalen Schutz suchen, ihren Antrag im ersten sicheren Land zu stellen haben und dort auch bleiben sollen". Die Menschen, die in Österreich ankommen, seien allerdings bereits durch andere EU-Mitgliedsstaaten und sichere Drittstaaten gereist. "Und dennoch akzeptieren wir heuer neuerlich 37.500 Asylanträge und zeigen damit europäische Solidarität. Ich würde mir wünschen, dass andere Länder unserem Beispiel folgen."
Notwendige Maßnahmen
Da eine gemeinsame europäische Lösung des Flüchtlingsproblems aber noch ausstehe, "muss Österreich alle notwendigen Maßnahmen setzen, um die Migrationsströme zu bewältigen und den unverhältnismäßigen, enormen Druck auf unser Asylsystem zu bekämpfen", schreibt die Innenministerin. Das geschehe aber ausschließlich durch Maßnahmen, die mit der Genfer Konvention, der Europäischen Menschenrechtskonvention und der EU-Grundrechte-Charta vereinbar seien.
Durch den anhaltenden Flüchtlingsstrom "gibt es eine Grenze, wie viele Anträge wir in einer bestimmten Zeitspanne bearbeiten können", wie auch Deutschland eine begrenzte Anzahl von Flüchtlingen innerhalb einer bestimmten Zeit akzeptiere. Die nun eingeführten Beschränkungen, erklärt die Ministerin in dem Brief, "erlauben uns, unsere gesetzlichen Verpflichtungen hinsichtlich Registrierung, juristischen Beistand und Aufnahme zu erfüllen".
Praxis des "Durchwinkens" beenden
Auf den Vorwurf Avramopoulos', der Wunsch eines Flüchtlings, einen EU-Mitgliedsstaat zu passieren, um in einem anderen Asyl zu beantragen, sei kein Grund, ihm die Einreise zu gewähren, antwortet Mikl-Leitner, dass Artikel 5(4)(c) der Schengen-Regelung Mitgliedsstaaten die Möglichkeit gebe, Nicht-EU-Bürgern, die die Einreisebedingungen eigentlich nicht erfüllen, aus humanitären Gründen oder aufgrund internationalen Verpflichtungen die Einreise zu gewähren. "Nichtsdestotrotz" fügt die Ministerin an, "stimme ich völlig mit Dir überein, dass die Praxis des 'Durchwinkens' so schnell wie möglich beendet werden muss." Das allerdings würde "dringend einen politischen Konsens der Mitgliedsstaaten erfordern", der den in den EU-Verträgen verankerten Prinzipien der Solidarität und der fairen Lastenverteilung entspreche.