Bundespräsident Van der Bellen hat die Regierung ungewohnt stark kritisiert.
Bundespräsident Alexander Van der Bellen übt scharfe Kritik an der schwarz-blauen Bundesregierung. Dass niemand aus der Regierung auf die Rücktrittsaufforderung von FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky an EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker reagiere, schade dem Ansehen Österreichs, erklärte Van der Bellen in einem Interview mit den "Vorarlberger Nachrichten" (Mittwoch-Ausgabe).
Es gebe ein klares Bekenntnis zum europäischen Kurs, aber gerade während der EU-Präsidentschaft Österreichs komme nun Vilimsky "in einer Art daher, die ich kaum je erlebt habe", stellte Van der Bellen im Interview laut der "ZIB2" fest. Er beschimpfe Kommissionspräsident Juncker in einer "unflätigen Art" und niemand aus der Bundesregierung reagiere darauf, kritisierte der Bundespräsident. Auch dass Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) keine Stellungnahme abgeben will, missfällt Van der Bellen: "Zu sagen, dazu nichts zu sagen, das empfinde ich als zu wenig."
Vdb über Vilimsky-Aussagen: "unerhört"
"Ich finde die Aussagen Vilimskys unerhört", so Van der Bellen auch in der "Tiroler Tageszeitung" laut einer Vorabmeldung. Bedauern äußert er auch darüber, dass unter der ÖVP-FPÖ-Regierung die "großen Vorzüge" der Sozialpartnerschaft keinen großen Wert mehr zu haben scheinen: "Das bedaure ich sehr." "Ich glaube, es wäre niemandem ein Stein aus der Krone gefallen, hätte man sich beim Arbeitszeitgesetz auf eine anständige parlamentarische Begutachtung geeinigt", meinte Van der Bellen weiters.
"Ehrlich sagen, was ich mir denke"
Vilimsky reagierte auf die Rüge des Bundespräsidenten am Mittwoch auf Facebook. Dabei kommentierte der FPÖ-Politiker die Aussage Van der Bellens mit einer Frage an seine Anhänger: „Was denkt Ihr?“ Für seinen umstrittenen Sager entschuldigen will sich Vilimsky aber weiter nicht: „Ich werde auch weiter ehrlich sagen, was ich mir denke. Und wer recht hat, werden die Wähler kommendes Jahr bei der EU-Wahl entscheiden!“, so der FPÖ-Politiker auf Facebook.
FPÖ fordert VdB zur Rückkehr zur Überparteilichkeit
Die FPÖ beantwortet die Kritik von Bundespräsident Alexander Van der Bellen an FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky wegen dessen Rücktrittsaufforderung an EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker mit einer Attacke gegen das Staatsoberhaupt. Der zweite FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker warf am Mittwoch Van der Bellen Einseitigkeit vor und fordert ihn zur Rückkehr zur Überparteilichkeit auf.
Es stehe Van der Bellen selbstverständlich zu, Kritik zu üben, aber derart einseitig habe zuletzt Thomas Klestil das Bundespräsidentenamt wahrgenommen. Van der Bellen solle seine "grüne Sommerbrille" wieder abnehmen und zur "notwendigen Ausgewogenheit" zurückkehren", forderte Hafenecker in einer Aussendung. So wie die Kritik Vilimskys an Juncker in einer Demokratie erlaubt sei, könne selbstverständlich auch der Bundespräsident seine persönliche Meinung kundtun, aber es dürfe sicherlich nicht mit zweierlei Maß gemessen werden, meinte Hafenecker.
Hafenecker nannte Beispiele für VdBs Einseitigkeit
Der FPÖ-Generalsekretär führte in der Aussendung einige Beispiele für die seiner Meinung nach gegebene Einseitigkeit Van der Bellens an: "Wo war der Bundespräsident die letzten Wochen, als Gewerkschafter zum Sturz der Regierung aufgerufen haben? Als die SPÖ vom Ständestaat gesprochen hat? Die Regierung als Arbeiterverräter beschimpft wurde? Austrofaschismus von SPÖ-Chef Kern vorgeworfen wurde? Und wo blieb die Rüge des Bundespräsidenten als Abgeordneten der Regierungsparteien Pflastersteine und Grablichter von der Gewerkschaftsjugend vor deren privaten Türen hingelegt wurden?"