Krainer: "Skurril"

U-Ausschuss: Sobotka-Befragung, Wirbel um Verfahrensanwältin

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Für Aufsehen sorgte ein Schreiben des Verfahrensrichters, in dem er der Verfahrensanwältin die ''erforderliche Äquidistanz'' absprach.

Wien. Der Vorsitzende im ÖVP-Korruptions-U-Ausschusses, Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP), hat am Mittwoch die Rolle gewechselt und ist von den Abgeordneten als Auskunftsperson befragt worden. Von ihm durchgeführte Interventionen rechtfertigte er mit dem "Dienstleistungsgedanken". Für Aufsehen sorgte ein Schreiben des Verfahrensrichters, in dem er der Verfahrensanwältin die "erforderliche Äquidistanz" absprach.

Aufs Tapet brachte das Schreiben Grünen-Fraktionsführerin Nina Tomaselli. Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl schilderte darin einen Vorfall, wonach die Verfahrensanwältin Barbara Weiß zuvor von der SPÖ ausgeteilte Akten der ÖVP zukommen ließ, obwohl diese die Sozialdemokraten wieder einsammeln wollten. Damit habe sie der ÖVP einen Vorteil gewähren wollen, zitierte Tomaselli aus dem Schreiben des Verfahrensrichters, der darin "angemessene Konsequenzen" fordert. Weiß, die am Mittwoch von ihrem Stellvertreter Andreas Joklik vertreten wurde, rechtfertigte das in ihrem Antwortschreiben damit, dass es ihre Intention war, dass alle denselben Wissensstand haben sollten. Ferner hätte die SPÖ die Möglichkeit gehabt, für eine entsprechende Klassifizierung zu sorgen.

Sobotka hatte am Mittwoch wie schon im Ibiza-U-Ausschuss auch seinen Sessel mit jenem der Befragungspersonen gewechselt und sich den Fragen der Abgeordneten gestellt. Auch der Verfahrensrichter strich das mit den Worten, Sobotka habe "in etwas ungewöhnlicher Form" neben ihm Platz genommen, eingangs hervor.

Die Befragung war - wie zu erwarten - von einer Reihe an Geschäftsordnungsdebatten und etlichen Stehungen geprägt. Gleich zu Beginn war die ÖVP-Fraktion selbst mit Fragen des Verfahrensrichters nicht einverstanden, blitzte aber mit ihren Einwänden bei Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ), die Sobotka als Ausschussvorsitzende vertritt, ab. Bures blieb ihrer Linie treu und rief bei wiederholten Geschäftsordnungsmeldungen zu Stehungen.

Inhaltlich gab es vorerst wenig Neues. Zum Projekt Ballhausplatz sagte Sobotka, er sei in die Erstellung nicht involviert gewesen. "Der Autor ist mir nicht bekannt." "Freunderlwirtschaft" in seiner Zeit als Innenminister habe es nicht gegeben, alle Bestellungen seien gesetzeskonform "lege artis" erfolgt, betonte Sobotka. Dass Einfluss auf Bestellungskommissionen genommen worden sei, könne er sich nicht erinnern. Er habe sich nie um die Zusammensetzung von derartigen Kommissionen gekümmert.

In der Causa Andrea Jelinek, die im Jahr 2017 als Wiener Vizelandespolizeidirektorin - weil SPÖ-nahe - verhindert worden sein soll, wird Sobotka als Beschuldigter geführt. Entschlagen wolle er sich - obwohl er es dürfte - aber nicht, wie er betonte. Dass ihm Kabinettschefs Michael Kloibmüller zu der Postenbesetzung schrieb, es sei alles "eingehängt", und Sobotka mit "Ok" antwortete, sei als "Macht es so wie es eben 'State of the Art' ist" zu verstehen. "Ich kann hier keine Unterstellungen gebrauchen", sagte Sobotka zur NEOS-Abgeordneten Stephanie Krisper.

Mit den in seiner Zeit geschalteten Inseraten habe er nichts zu tun gehabt. Dies sei im Aufgabenbereich der Öffentlichkeitsarbeit in Zusammenarbeit mit der zuständigen Fachabteilung gelegen. Dass eine ÖVP-nahe Kommunikationsabteilung in seiner Zeit zahlreiche Aufträge bekommen habe, rechtfertigte Sobotka damit, dass es eine Vielzahl an Agenturen gegeben habe, "das war nicht die einzige".

Den Umstand, dass Sobotka Ausschussvorsitzender und Auskunftsperson ist, bezeichnete SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer als "skurril". Zudem wisse man bei Sobotka ob der Fülle der Themen gar nicht, "wo man anfangen soll". Allein daran könne man die "massive Verstrickung" Sobotkas in den Untersuchungsgegenstand ablesen, so Krainer: "Das zeigt wie unvereinbar es ist, dass er den Vorsitz führt." Keineswegs bedenklich findet hingegen ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger den Rollentausch des Vorsitzenden. Schließlich habe Sobotka bis dato im Gegensatz zur Zweiten Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) eine "äußerst objektive Vorsitzführung an den Tag gelegt".

Bereits in den vergangenen Wochen habe man gesehen, wie Ministerien umgefärbt und für parteipolitische Zwecke missbraucht worden seien, meinte wiederum NEOS-Abgeordnete Stephanie Krisper. Das Innenministerium habe sich unter Sobotkas Führung dabei besonders hervorgetan: "Unsere Posten für unsere Leut'." Auch für Grünen-Fraktionsführerin Nina Tomaselli ist Sobotka jenem türkisen Machtzirkel um Altkanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zuzurechnen, der versucht habe, das Land zu täuschen. Instrumente dafür waren Inserate, Umfragen und Postenschacher. Jedes dieser Instrumente beherrsche Sobotka, so Tomaselli, die auch an dessen zahlreiche Interventionen bei Postenbesetzungen erinnerte, wie aus diversen Chats hervorgehe.

Für Hanger hingegen blieb die bisherige Ausschussarbeit ohne Erkenntnisgewinn. Alle Causen seien hinlänglich bekannt gewesen und die dazu geladenen Auskunftspersonen konnten nichts Erhellendes beitragen, lautet sein Resümee. Hanger will im Herbst einen neuen Schwerpunkt setzten: "Wir wollen auch das SPÖ-Beinschab-Tool untersuchen." Schließlich prüfe die WKStA derzeit einen Anfangsverdacht gegen "namhafte SPÖ-Politiker". Daher werde man ergänzende Beweisverlangen und Ladungen von entsprechenden SPÖ-Politikern einbringen, kündigte er an.

Nach Sobotka sind der geschäftsführende Direktor des Bundesamtes zur Korruptionsbekämpfung (BAK) und eine pensionierte Beamtin des BAK geladen. Das BAK übernahm die Ermittlungen, nachdem die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) der eigens nach der Veröffentlichung des Ibiza-Videos eingerichteten "SoKo Tape" das Vertrauen entzogen hatte. Zudem wollen die Abgeordneten der Frage nachgehen, warum das BAK damals im Mai 2019 bei Beginn der Ermittlungen zugunsten der "Soko Tape" ausgebootet wurde.

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