Betrauung privater Firmen mit hoheitlichen Aufgaben ist rechtswidirg.
Die Betreuung von Anhaltezentren durch private Sicherheitsfirmen ist zum Teil rechts- bzw. verfassungswidrig. Das hat die Prüfung des Schubhaftzentrums im obersteirischen Vordernberg durch die Volksanwaltschaft ergeben. Private Unternehmen dürfen keine hoheitlicher Aufgaben übernehmen. "Das ist nicht privatisierbar", stellten die Volksanwälte bei der Präsentation des Prüfberichts am Freitag fest.
"Nicht privatisierbar"
Durch die Beauftragung privater Sicherheitsfirmen mit der Betreuung des Schubhaftzentrums seien hoheitliche Aufgaben, etwa die Durchsetzung der Hausordnung oder Streitschlichtung, ausgelagert worden. Aus Sicht der Volksanwaltschaft gibt es aber keine verfassungsmäßige Möglichkeit, solche Aufgabe auszulagern. "Das ist nicht privatisierbar", sagte Volksanwalt Peter Fichtenbauer (FPÖ). Das sei ein "Grundsatz, der nicht berührt werden darf". In den USA werden zum Beispiel ganze Gefängnisse privat geführt, für europäische Vorstellungen "wäre das ein Horror", so Fichtenbauer. In diese Richtung dürfe es auf keinen Fall gehen, mahnen die Volksanwälte.
Das Problem in Vordernberg sei aufgrund der Kritik der Volksanwaltschaft zwar vertraglich bereinigt worden. Den Volksanwälten ist das aber zu wenig, sie wollen eine klare gesetzliche Regelung. Denn diese Grundsatzfrage stelle sich auch in anderen Bereichen wie etwa Krankenanstalten. Auch dort werden "private Sicherheitsleute mit Aufgaben betraut, die ausschließlich Gesundheitsberufen vorbehalten sind". Dazu zähle etwa die Medikamentenausgabe, körpernahe Tätigkeiten oder die Begleitung beim Toilettengang. Solche Tätigkeiten in die Hand ungeschulter Personen zu geben, "geht nicht". "Das ist nicht zulässig", sagte Volksanwalt Günther Kräuter (SPÖ). Hier müsse der Gesetzgeber klare Grenzen ziehen und Standards setzen. Als Vorbild einer solchen gesetzlichen Regelung könne das Justizbetreuungsagentur-Gesetz oder das Luftfahrtsicherheitsgesetz dienen.
Wie problematisch die Einbindung privater Sicherheitskräfte bzw. deren eingeschränkten Befugnisse seien, zeige die gelungene Flucht eines Schubhafthäftlings. Dieser habe flüchten können, weil die privaten Sicherheitskräfte keine Befugnis gehabt hätten, ihn aufzuhalten. Dieses Problem sei in Vordernberg durch die ständige Präsenz von Exekutivbediensteten bereinigt worden. Das Innenministerium lehne diese Lösung allerdings ab, so die Volksanwaltschaft. Andere Vorschläge seien vom Ressort bis jetzt aber nicht gekommen.
Eine saubere rechtliche Klarstellung sei nicht zuletzt deswegen so wichtig, weil sich die Menschen nicht freiwillig in den Anhaltezentren aufhalten. Da es sich bei Schubhäftlingen aber nicht um Straftäter handle, dürfen die Anstalten nicht Gefängnissen gleichgesetzt werden. Bei Verfehlungen brauche es daher klare gesetzliche Rechtsschutzkriterien.
Das Schubhaftzentrum Vordernberg ist für rund 200 Personen ausgerichtet. Mit den baulichen Gegebenheiten und der medizinischen Versorgung dort zeigte sich die Volksanwaltschaft sehr zufrieden. Die Zahl der Angehaltenen variiert sehr stark, weil Schubhafthäftlinge dort nur wenige Tage angehalten werden dürfen. Der Personalstand 2014 betrug 37 Personen. Die Kosten für das Zentrum beziffert das Innenministerium mit 4,7 Mio. Euro, 2,3 Mio. Euro davon sind Personalaufwand.
"Megaflop" droht
Fichtenbauer äußerte die Befürchtung, dass durch eine noch ausstehende VfGH-Prüfung das Schubhaftzentrum zu einem "Megaflop" werden könnte. Der Verfassungsgerichtshof prüfe nämlich, ob Dublin-Fälle dort angehalten werden dürfen. Wenn das verneint wird, würden dort vier bis sechs Insassen übrig bleiben, so Fichtenbauer.