Ein Kommentar von oe24-Chefredakteur Niki Fellner.
Die Diskussion um die Rettungsaktionen im Mittelmeer spaltet derzeit Europa: Sind diese Menschen Retter oder Schlepper?
Unbestritten ist, dass wir über die Rettung von Menschen aus dem Mittelmeer nicht eine Sekunde diskutieren dürfen. Jemanden vor dem Ertrinken zu retten, muss eine Selbstverständlichkeit sein – völlig egal, wodurch er oder sie in diese Situation geraten ist. Ist es aber in Ordnung, diese Flüchtlinge dann Hunderte Kilometer nach Italien zu bringen anstatt zurück nach Afrika?
Rechtlich gibt es hierzu eine klare Antwort: Nein! Die Retter machen sich mit diesem Weitertransport nach Europa selbst zu Schleppern. ÖVP-Chef Kurz hat Recht, wenn er sagt, dass sie damit (sei es beabsichtigt oder unbeabsichtigt) falsche Hoffnungen wecken.
Moralisch muss man diese Frage angesichts der unhaltbaren Zustände in den afrikanischen Flüchtlingslagern allerdings mit Ja beantworten. Kaum Wasser, katastrophale Hygiene, unzählige Krankheiten – eine Rückkehr in so ein Lager gleicht oftmals einem Todesurteil.
In Wirklichkeit zeigt das Dilemma der Seenotretter einmal mehr das Versagen der EU in der Asylpolitik. Statt der privaten Schiffe müsste die EU endlich selbst im Mittelmeer patrouillieren und die Flüchtlinge vor dem Ertrinken retten. Dann bräuchte es (EU-Standards entsprechende) Transitlager in Afrika, in welche die Flüchtlinge zurückgebracht werden können und wo über den Asylantrag entschieden wird. Solange die EU das nicht schafft, gibt es zur privaten Seenotrettung leider keine Alternative.