Drei Viertel der Wiener Mittelschüler mit nicht-deutscher Umgangssprache. Der Integrationsbericht im Detail:
Der Integrationsbericht 2020 enthält zu seinem 10-Jahres-Jubiläum wie stets ein umfangreiches Zahlenwerk, das die Zuwanderung nach Österreich aus verschiedenen Perspektiven abbildet. Auffällig ist im Zehn-Jahres-Vergleich ein starker Anstieg des Bevölkerungsanteils ausländischer Herkunft, der sich auch in den Schulen widerspiegelt. Im Folgenden ein Überblick.
BEVÖLKERUNG
Anfang dieses Jahres lebten in Österreich 8,901.1000 Personen. Gegenüber 2010 bedeutet dies einen Zuwachs um 549.500 Personen oder 6,6 Prozent. Zu 95 Prozent ist dies direkte Folge von Migration. Personen mit Migrationshintergrund gab es 2,070.100, was 23,7 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmacht.
Dabei zeigen sich deutliche Unterschiede bei den Herkunftsländern. So ist die Zahl von Personen aus dem Bürgerkriegsland Syrien im vergangenen Jahrzehnt um 3.430 Prozent auf 51.502 Personen gestiegen. Ebenfalls einen sehr starken Zuwachs gab es bei Afghanen (um 671 Prozent), aber auch bei Ungarn (um 275 Prozent), Rumänen (um 243 Prozent) und Bulgaren (230 Prozent). Vergleichsweise niedrig ist der Zuwachs bei Türken (plus 5,7) und Bosniern (6,7).
Größte Gruppe an Ausländern in Österreich sind wie auch vor zehn Jahren Deutsche mit knapp 200.000 Personen, gefolgt neu von Rumänen (gut 123.000) und Serben (mehr als 122.000).
Die Zahl der Asylanträge lag 2019 bei 12.886 und damit nicht weit über jener von 2010 (11.012), erreichte aber zwischenzeitlich 2015 einen Gipfel von 88.340.
Gestiegen ist dabei auch die Zahl der Einbürgerungen. Lag sie 2010 noch bei 6.135, wurde 2019 10.500 Personen die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen.
In Österreich geborene Frauen haben 2019 im Schnitt 1,36 Kinder bekommen, weibliche Personen mit anderem Geburtsort lagen bei 1,81. Ausreißer nach oben sind Frauen aus der Gruppe Afghanistan, Irak und Syrien mit einer Fertilitätsrate von 3,14.
BILDUNG
Der Anteil an Kindern mit nichtdeutscher Umgangssprache in der Kinderbetreuung ist innerhalb von zehn Jahren von 25 auf 33 Prozent gestiegen, in Wien von 43,5 auf 60 Prozent.
An den Schulen ist im selben Zeitraum der Anteil an Schülern mit nicht deutscher Umgangssprache von 17,6 auf 26,4 Prozent hochgeklettert, in Wien von 41,8 auf 58,2 Prozent.
In den Mittelschulen (75,6 Prozent) und Polytechnischen Schulen (77 Prozent) der Bundeshauptstadt haben mehr als drei Viertel Deutsch nicht als Umgangssprache. In den Volksschulen sind es knapp 59 Prozent, an den AHS fast 40 Prozent. In den acht anderen Bundesländern gesamt gibt es den höchsten Wert an den Sonderschulen (knapp 39 Prozent).
ARBEIT
Zwischen 2010 und 2019 erhöhte sich die Erwerbsbeteiligung ausländischer Arbeitnehmer um vier Prozentpunkte auf 74,2, die der Inländer lag bei 78,5 Prozent. Die Erwerbsbeteiligung weiblicher Drittstaatsangehöriger betrug 57,5 Prozent und war damit deutlich unter jener von Inländerinnen (74,2 Prozent).
Extrem gering ist die Erwerbsbeteiligung bei weiblichen Flüchtlingen des Zuzugsjahres 2015: bei Syrerinnen (knapp 13 Prozent) und Afghaninnen (gut 11 Prozent). Dagegen waren 57,5 Prozent der männlichen Syrer und 38,5 Prozent der afghanischen Männern schon am Arbeitsmarkt integriert. Aber auch bei jenen mit dem Zuzugsjahr 2007 haben afghanische und syrische Frauen nicht einmal halb so oft Arbeit aufgenommen wie Männer.
ZUGEHÖRIGKEIT
Nur 31 Prozent der Personen mit syrischem und 34 Prozent mit afghanischem Migrationshintergrund fühlen laut einer Studie von Kenan Güngör eine Zugehörigkeit zu Österreich oder eine so genannte kompatible Mehrfachzugehörigkeit. Zum Vergleich: Bei Türken sind es 72 Prozent, bei Kurden 68 Prozent, bei Bosniern sogar 89 Prozent.