Europaministerin Edtstadler weist Kritik in einzelnen Punkten dagegen in zurück.
Justizministerin Alma Zadic (Grüne) hat sich über die Bestnoten für die österreichische Justiz im EU-Rechtstaatlichkeitsbericht erfreut gezeigt, gleichzeitig aber über die Kritik darin besorgt gezeigt. Es gebe ihr zu denken, "dass auch die EU in den wiederholten pauschalen Angriffen auf die Staatsanwaltschaften und insbesondere auf die WKStA besorgniserregende Entwicklungen für den Rechtsstaat sieht", sagte Zadic in einer Stellungnahme am Dienstag.
"Das ist ein klarer Auftrag keine Parteipolitik aufkosten des Rechtsstaates zu machen", so Zadic in Richtung ÖVP. Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) wies die Kritik der EU-Kommission dagegen in einzelnen Punkten in einem Interview mit der APA zurück. Im Falle Österreichs habe die EU-Kommission bestätigt, dass "ein enorm hohes Maß an Rechtsstaatlichkeit gegeben" sei, sagte Edtstadler. Kritik der Brüsseler Behörde, etwa dass auch in Österreich politischer Druck auf Staatsanwälte ausgeübt werde, könne sie nicht nachvollziehen, so die Europaministerin.
"Wenn gewisse Entscheidungen von Staatsanwälten kritisiert werden, ist das nicht negativ für den Rechtsstaat." Was die Kritik bezüglich der Inserate betreffe, "kann ich nur feststellen, dass hier in erster Linie auch die Stadt Wien mit mehr als 32 Millionen Euro mehr ausgibt als sämtliche Bundesländer zusammengerechnet", sagte Edtstadler.
SPÖ sieht "Machtspielchen"
Die SPÖ sieht in dem EU-Bericht eine konkrete Kritik an "türkisen Machtspielen" und "machtversessene Medienpolitik, die mit Millionen an Werbegeldern abgesichert ist, sowie die Einschüchterungsversuche gegen die Justiz", wie Europasprecher Jörg Leichtfried laut Aussendung sagte. "Auch in der EU bemerkt man: die ÖVP kauft sich ihre positive Berichterstattung", kritisierte Leichtfried. "Auch die EU-Kommission sieht die Gefahr in den ständigen Angriffen der ÖVP gegen die unabhängige Justiz. Insbesondere die Angriffe gegen die WKStA werden im Bericht festgehalten", sagte SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim. Insbesondere ein unabhängiger und weisungsfreier Bundesstaatsanwalt an der Spitze der Justiz wird von der EU-Kommission empfohlen. Die SPÖ werde "nicht zulassen, dass die ÖVP einen politisch hörigen Bundesstaatsanwalt einführt".
"Ministerin Edtstadler täte gut daran, die Kritik des EU-Rechtsstaatlichkeitsberichts nicht wegzureden, sie ist immerhin Verfassungsministerin und sollte demnach eine besondere Hüterin der Rechtsstaatlichkeit sein", kritisierte Yildirim die Aussagen Edtstadlers. "Leider wissen wir bereits, dass türkise Loyalität in der ÖVP vor dem Rechtsstaat und der Verfassung kommt."
NEOS sehen sich bestätigt
Auch die NEOS sehen sich von der EU-Kommission in ihren Forderungen voll bestätigt. "Die Kritik der Kommission zeigt klar und deutlich, dass unser Rechtsstaat und damit ein Grundpfeiler unserer Demokratie bedroht ist. Das muss ein Weckruf für die ÖVP und vor allem für die Grünen sein", hatte der stellvertretende Klubobmann Niki Scherak am Mittwoch erklärt.
Die Proponenten des Rechtsstaats- und Anti-Korruptionsvolksbegehrens sehen sich durch die Kritik der EU-Kommission bestätigt. "Dieser EU-Bericht ist beschämend für Österreich und ein klares Zeichen dafür, dass die Umsetzung der Forderungen des Rechtsstaats- und Anti-Korruptionsvolksbegehrens längst überfällig ist", sagte der frühere Leiter der internationalen Antikorruptionsakademie Martin Kreutner am Mittwoch in einer Aussendung.
Teilweise negatives Zeugnis
Der aktuelle EU-Bericht stelle Österreich ein im internationalen Vergleich teils sehr negatives Zeugnis aus. Unter anderem werde darin kritisiert, dass Staatsanwälte, die nach den jüngsten politischen Skandalen gegen politische Korruption auf höchster Ebene ermitteln, mit einem negativen Narrativ von Politikern konfrontiert seien. Auch die aufwendigen Berichtspflichten für spezialisierte Staatsanwaltschaften wie die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) würden bemängelt, da sie zu Verzögerungen führen, die sich negativ auf die Effektivität der Antikorruptionsuntersuchungen auswirkten. Auch die hohen Beträge an staatlichen Inseraten würden erwähnt bezüglich Bedenken und Zweifel hinsichtlich der Fairness, der Objektivität und Transparenz der Zuteilung, möglicher politischer Einflussnahme und unzureichender Berücksichtigung des Medienpluralismus.