Wir leben in einem Land, das sich selbst gern als Vorreiter im Tierschutz sieht. Das Gesetze hat, Labels, Siegel. Und doch leben noch immer hunderttausende Schweine auf harten, nassen Betonböden – ohne Stroh, ohne Auslauf, ohne jedes Stück Natur.
Österreich bezeichnet sich gern als Vorreiter im Tierschutz. Es gibt Gesetze, Gütesiegel, Initiativen. Und doch verbringen hunderttausende Schweine ihr Leben auf sogenannten Vollspaltenböden – nacktem, hartem Beton, durchzogen von Spalten, damit Kot und Urin abfließen können. Was hygienisch klingt, bedeutet für die Tiere: kein Stroh, kein Auslauf, keine Beschäftigung. Keine Chance, sich natürlich zu verhalten.
Diese Form der Haltung ist seit Jahren in der Kritik. Denn sie verursacht Stress, Krankheiten, Gelenkschäden – und sie widerspricht dem, was die meisten Menschen sich unter tiergerechter Landwirtschaft vorstellen. Trotzdem passiert: fast nichts.
Die Politik weiß um das Problem. Die Bevölkerung weiß es auch. Und dennoch wird das Thema regelmäßig vertagt oder nur halbherzig behandelt. Zwar wurde ein gesetzlicher Ausstieg aus der Vollspaltenbodenhaltung beschlossen – allerdings mit so langen Übergangsfristen, dass er faktisch keine Änderung bringt. Erst 2040 sollte die Haltung auslaufen. Ein Zeitrahmen, der mehr nach Beruhigung als nach Reform klingt.
Der Verfassungsgerichtshof hat diese Regelung gekippt – mit der Begründung, sie widerspreche dem Tierschutz. Doch die Regierung reagierte nicht mit einem echten Neuanfang, sondern mit einem Minimalkompromiss: etwas mehr Platz, weniger Spaltenanteil – aber nach wie vor ohne Stroh, ohne Auslauf. Die Grundprobleme bleiben bestehen.
Schweine sind hochsoziale und intelligente Tiere. Sie sind neugierig, verspielt, lernfähig – und brauchen eine Umgebung, in der sie diese Bedürfnisse ausleben können. In Betonställen mit Spaltenboden ist das nicht möglich.
Tierschutzorganisationen fordern seit Langem ein klares Verbot dieser Haltungsform – und gleichzeitig Unterstützung für jene Bäuerinnen und Bauern, die bereits jetzt artgerechter wirtschaften wollen. Doch sie stoßen auf politische Untätigkeit und wirtschaftlichen Druck.
Unsere Tiere – Das große oe24.TV-Tierschutzmagazin von Sonntag, 15.05.2025, hier in voller Länge sehen. Nächste Ausgabe Unsere Tiere: 22.06.2025, 18:30 Uhr
Dabei zeigen andere Länder, wie es gehen kann. Die Niederlande investieren Milliarden, um ihre Tierhaltung schrittweise umzustellen – mit konkreten Zielen, gesetzlicher Kontrolle und Unterstützung der Landwirtschaft. Dort hat man erkannt: Tierwohl ist kein Luxus, sondern ein gesellschaftlicher Anspruch.
In Österreich hingegen wirken viele Beschlüsse wie Symbolpolitik. Sie schaffen kein Vertrauen – weder bei Konsument:innen noch bei jenen, die täglich mit Tieren arbeiten. Die Tiere zahlen den Preis.
Es braucht endlich verbindliche Standards, die sich am Wohl des Tieres orientieren – nicht an der Dauer von Übergangsfristen. Es braucht echte politische Verantwortung. Und es braucht uns alle: beim Einkaufen, beim Nachfragen, beim Hinschauen.
Denn solange Vollspaltenböden weiter zum Alltag gehören, ist der Tierschutz in Österreich nicht viel mehr als ein Versprechen – das zu oft gebrochen wird.