In der Neuengland-Metropole werden Kränze niedergelegt und Gedenkminuten abgehalten. Vor einem Jahr töteten die Tsarnajew-Terror-Brüder drei Menschen beim Marathon.
"Es wird ein schwerer Tag", hatte Boston-Bürgermeister Martin Walsh am Vorabend des heutigen Jahrestages der Bomben-Attacke gegen den Boston-Marathon am 15. April 2013 gewarnt. Kein Wunder: Gedacht wurde den Opfern des schlimmsten Terror-Anschlages in den USA seit 9/11 – gefolgt von der größten Terrorhatz mit weiterem Blutvergießen.
Genau vor einem Jahr zündete das Tschetschenisch-stämmige Brüderpaar Dschochar und Tamerlan Tsarnajew beim Zieleinlauf des Boston-Marathons zwei Splitterbomben: Drei Opfer starben, dutzende wurde verstümmelt. Die USA holte das Trauma des 11. September wieder ein, die Stadt Boston wurde mit dem Slogan “Boston strong” aber auch zum Symbol der Widerstandskraft.
An einem verregneten Dienstagmorgen wurden bereits am Morgen Kränze niedergelegt. Die Familien der drei Todesopfer - der Schüler Martin Richard (8), die Restaurant-Managerin Krystle Campbell und die Studentin Lu Lingzi - nahmen teil. Sie standen im Vorjahr nahe der Ziellinie in der Boylston Street, als sie von den Splitterbomben zerfetzt wurden.
Der durchdringende Ton von Dudelsäcken hallte über den Platz. Die Obama-Regierung entsandte Vize Joe Biden zu den Gedenkveranstaltungen. Für die Tatzeit waren eine Flaggenzeremonie und Schweigeminuten geplant. Boston freilich lässt sich nicht unterkriegen: Unter extremsten Sicherheitsvorkehrungen findet am Montag, dem "Patriots Day" in Massachusetts, der nächste Marathon statt.
Die Terror-Attacke und die Jagd auf die Bomber im Rückblick:
# 15. April: Es ist ein Festtag in Boston, “Patriots Day”, 23.000 Marathon-Teilnehmer laufen vorbei an Zehntausenden Zusehern durch Boston.
# 14:49 Uhr: 5700 Läufer sind noch am Weg, als in der Boylston Street binnen 13 Sekunden zwei Rucksackbomben voller Schrapnell im Abstand von 190 Meter detonieren. Es folgt pures Grauen: Opfer liegen am Boden in Blutlachen, einige mit fehlenden Gliedmaßen, verzweifelte Schreie gellen durch den noch wabernden Rauch. Helfer werden zu Helden: Sie binden Wunden ab, tragen Verwundete zu den Rettungswägen. 264 Verletzte wurden in 27 Spitäler gefahren.
# Die Polizei exekutiert einen Terror-Notfallplan: Das Lenox Hotel und weitere Gebäude werden exekutiert, ein 15 Straßenblöcke umfassende Sperrzone eingerichtet. Die Luftbehörde FAA schränkt den Luftraum ein, am Logan Airport werden Starts- und Landungen gestoppt.
# In den nächsten Tagen findet das FBI Bauteile der Bombe: Schrapnell aus Nägeln und Kugellagern, den Zündmechanismus, der Deckel das Kochtopfes wurde aufs Dach eines Gebäudes geschleudert.
# Die Fahnder machen die Bomber auf Videos von Überwachungskameras aus: Am Nachmittag des 18. April werden die Fahndungsbilder veröffentlicht.
# 19. April: Die Bomber töten am Morgen bei der Flucht einen MIT-Polizisten, entführen einen Wagen, werden im Vorort Watertown gestellt: Tamerlan wird bei der Schießerei mit den Cops getötet, Dschochar nach einer in der US-Geschichte einzigartigen Durchsuchung einer ganzen Stadt durch schwer bewaffnete SWAT-Teams am frühen Abend in einem Boot entdeckt und verhaftet.
Viele der Opfer von damals wurden zu Helden, mit schierer Willenskraft und der Hilfe von Familie und Freunden kämpften sie sich zurück ins Leben: Jeff Bauman verlor beide Beine, das Foto, wie ihn Helfer auf einem Rollstuhl wegrollten, wurde zu einem der ikonischsten der Terror-Attacke: Bauman ist heute verlobt und wird Vater. Er schrieb den Bestseller "Stronger". Die Tänzerin Adrianne Haslet-Davis verlor ihr linkes Bein, jetzt meistert sie mit einer Spezialprothese schwierigste Tanzroutinen.
Auf den überlebenden Boston-Bomber Dschochar wartet im Herbst der Prozess. Es droht ihm die Todesstrafe.