Bauernebel aus New York

New York: Drei Wochen campen fürs iPhone 6

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Vor dem New Yorker Apple-Laden an der Fifth Avenue tauchten die ersten Fans des neuen iPhone 6 schon am 1. September auf. Doch das Campen ist eine Tortur.

Da hocken sie wieder: Camping-Sessel, Schlafsäcke, dicke Sweater, müde Gesichter. Dahinter strahlt die Sonne durch den Glaswürfel des ikonischen Apple-Ladens an der Fifth Avenue in Midtown Manhattan. Der angebissene Apple leuchtet. Es ist so eine Jahrestradition: Campen fürs neue iPhone. Die Sechser-Modelle sind heuer größer, damit offenbar auch der Hype.
 
Die Apple-Schlangensteher ließen ihre eigenen Rekorde purzeln: Schon am 1. September, 19 Tage (oder fast drei Wochen) vor dem Verkaufsstart, klappten die ersten ihre Stühle auf. In der Schlange sind Hardcore-Apple-Fans, die das neue iPhone 6 als erste in Händen halten wollen. Die meisten aber sind bezahlte Promoter, die den Medien-Rummel für Firmen-PR nutzen. Fans wie Promoter haben eines gemein: Die Wartezeit ist ein Martyrium mit Prügeleien, Diebstahl, Beschimpfungen und kalten Nächten, wie AmerikaReport vor Ort erfuhr.
 
Besonders brutal geht es in der Nacht zu: Ein Obdachloser drangsalierte die Wartenden mehrere Nächte lang, streckte ihnen sogar den nackten Hintern ins Gesicht. Passanten beschimpfen sie den ganzen Tag als “Idioten" und "Loser", erzählt Jayson Ray (29), der sich mit seiner Frau Moon (25) die Pole-Position der iPhone-Warteschlange sicherte. Wie gesagt, am 1. September schon (da waren noch nicht einmal die Einladungen für die Präsentation durch CEO Tim Cook verschickt). "Wenn es regnet und wir unter den Plastikplanen hocken, werfen sie uns manchmal Geld zu, um uns zu demütigen". Dabei promotet das Paar aus Mississippi nur eine Online-Apotheke.
 
Wie das Ehepaar wurden die meisten Camper von Firmen geschickt, um den Reporterandrang für Werbeaktionen zu nützen. Doch in der Schlange sind auch echte Apple-Fans. Sie gehen für ihr iPhone "durch die Hölle", wie Lana Matheus (38) stöhnt: Bei einem Handgemenge wurde ihre Handtasche und der Klappstuhl auf den Gehsteig geworfen. Ihre Brillen gingen zu Bruch. Auch sie berichtet von langen, kalten, gespenstischen Nächten, wo ihnen Diebe nachstellen und sie von Verrückten bedroht werden.
 
In der wachsenden Gemeinde der Wartenden gelten eigene Gesetze. Etwa: Wer seinen Klappstuhl zu lange alleine lässt, muss ans Ende der Schlange! Die Security-Leute des Gebäudes kennen da keine Gnade, konfiszieren die Ausrüstung abwesender Camper. Nur echte Schlangensteher werden geduldet. Eigentlich fair. Den Sessel hinstellen und nach Tagen wieder vorbeischauen, das geht hier nicht.
 
Als AmerikaReport "Camp iPhone" besuchte, machte sich aber bereits eine fröhlichere Stimmung bemerkbar: Mit dem näherrückenden Verkaufstag am Freitag war die Ziellinie in Sicht. Promoter Ray freut sich – neben den vielen Überstunden –, dass seine Firma für ihn und seine Frau ein Hotelzimmer gemietet hat: “Auf das warten wir schon sehnlichst”, zwinkert er.
 
Mehr Infos von unserem US-Korrespondenten Herbert Bauernebel auf AmerikaReport.com.
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