Ungarn

Budapest: Tausende gegen Zeitungs-Schließung

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Proteste vor dem Parlament - Solidarität mit "Nepszabadsag".

Mehrere Tausend Menschen haben Samstagabend vor dem Budapester Parlament gegen das Aus für die Tageszeitung "Nepszsabadsag" demonstriert. Laut Medienberichten nahmen an der Protestaktion Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens ebenso teil wie Journalisten.

Die überraschende Entscheidung der sich in österreichischer Hand befindenden Mediaworks AG, das Traditionsblatt einzustellen, hat national und international zu scharfen Protesten geführt.

Der sozialdemokratische Fraktionschef im Europaparlament, Gianni Pitella, erklärte im Zusammenhang mit der Einstellung von "Nepszabadsag" ("Volksfreiheit"), dass in Ungarn die "Pressefreiheit in Gefahr ist, da von einem Tag auf den anderen, ohne Ankündigung die einflussreichste und unabhängige Tageszeitung abgeschafft wurde". In "antidemokratischen Systemen" sei es an der Tagesordnung, dass solch "feindliche Zeitungen geschlossen werden, die zum Beispiel mit der Aufdeckung von Korruption die Macht der Regierung untergraben". Dies sei gerade im Zusammenhang mit "Nepszabadsag" geschehen, heißt es in einer Aussendung von Pitella. Die ungarischen Behörden müssten alles unternehmen, damit das Blatt erneut erscheint. Das würde Europa von Premier Viktor Orban und seiner Regierung erwarten.

Die sozialliberale Opposition spricht von einem "Trauertag" der Presse und der Pressefreiheit. "Nepszabadsag" sei in den vergangenen 25 Jahren eines der entscheidendsten Organe des oppositionellen Journalismus gewesen, und sei nun abgeschaltet worden. Die angeführten wirtschaftlichen Gründe bezeichnet die rechtsradikale Jobbik-Partei nur als Vorwand. Es sei nicht die "Logik des Marktes gewesen, sondern der Befehl von Orban", der das Blatt zum Sturz gebracht habe.

Mediaworks hatte am Samstagvormittag die Einstellung von "Nepszabadsag" und des Portals nol.hu bekannt gegeben. Mitarbeiter wurden entlassen, ein neuer Generaldirektor bestimmt. Der Verlag begründet die Maßnahme mit der Suche nach einem neuen Konzept und der massiven Verringerung der Auflage in den vergangenen zehn Jahren um 74 Prozent und damit um 100.000 Exemplare. Das Blatt habe seit 2007 Verluste in Höhe von fünf Milliarden Forint (16,45 Mio. Euro) eingefahren.

Medien erinnerten daran, dass es "Nepszabadsag" gewesen sei, die in den vergangenen Wochen über "undurchsichtige Angelegenheiten" von Antal Rogan, Kabinettschefs von Premier Viktor Orban, sowie des ungarischen Notenbankchefs, György Matolcsy, berichtet hatte. Die entlassenen Mitarbeiter sprachen von einem "Putsch" und erklärten: "Da wurde der Pressefreiheit an die Gurgel gegangen".
 

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