Der Regierungschef stimmt die Briten auf "schmerzhafte Zeiten" ein.
Die Budgetprobleme Großbritanniens sind nach Einschätzung der neuen Regierung dramatischer als bisher angenommen. Premierminister David Cameron stimmte die Briten am Montag mit düsteren Prognosen auf schmerzhafte Einschnitte ein - zwei Wochen vor der Vorlage eines Notbudgets. "Das Beispiel Griechenland ist eine Warnung an Länder, die ihre Glaubwürdigkeit verlieren oder deren Regierungen so tun, als ob sie schwierige Entscheidungen umgehen können", warnte der Parteichef der Konservativen bei einer Rede in Milton Keynes.
Neuverschuldung bei 11 Prozent
Die Wirtschaftskrise hat die
staatliche Neuverschuldung Großbritanniens auf elf Prozent der
Wirtschaftsleistung anschwellen lassen - nur wenige Länder haben noch
größere Defizite. Angesichts gesunkener Steuereinnahmen und höherer
Sozialausgaben belief sich das Loch in der Staatskasse zuletzt auf 156
Milliarden Pfund (189 Mrd. Euro). An den Finanzmärkten kam es deshalb
bereits zu Spekulationen, Großbritannien könne seine Top-Bonitätsnote "AAA"
einbüßen und in der Folge noch höhere Zinsen zahlen. Die neue
Koalitionsregierung wird in ihrem Notbudget am 22. Juni genaue Details zur
Schuldenreduzierung nennen.
Allein die für den Schuldenberg fälligen Zinsen werden laut Cameron ohne Gegenmaßnahmen binnen fünf Jahren auf etwa 70 Milliarden Pfund ansteigen - so viel, wie die Regierung insgesamt für Schulen, das Transportwesen und den Kampf gegen den Klimawandel ausgibt. "Das ist eine erschütternde Zahl", sagte Cameron. Eine Rückkehr zu wirtschaftlichem Wachstum allein werde die Probleme nicht lösen, da sie struktureller Natur seien. Auf die Bürger kämen deshalb schmerzhafte Zeiten zu.
Rekorddefizit verringern
Der Regierungschef hatte am Wochenende
in der "Sunday Times" Einschnitte bei Sozialleistungen und im Öffentlichen
Dienst angekündigt, um das Rekorddefizit zu verringern. "Wir müssen uns mit
den Bereichen befassen, in denen wir über unsere Verhältnisse gelebt haben."
Zugleich hatte er angedeutet, die neue Koalition von Konservativen und
Liberaldemokraten werde die Wachstumsprognose der abgewählten
Labour-Regierung von drei Prozent im kommenden Jahr senken. Der Zeitung
zufolge erwägt Cameron unter anderem ein Einfrieren staatlicher Leistungen,
Einschnitte bei Steuererleichterungen für Familien mit Kindern und
Einschränkungen bei Einkommenszuwächsen im Öffentlichen Dienst bis hin zu
einem Einfrieren der Löhne und Gehälter.
Cameron räumte ein, dass die Einschnitte die neue Regierung voraussichtlich schnell unbeliebt machen würden. "Was wir vorhaben, ist voller Gefahren und sehr, sehr schwierig." Immerhin werde das Vorhaben durch die erste britische Koalitionsregierung seit 1945 etwas erleichtert, da sich nun zwei Parteien gemeinsam dem Druck der Öffentlichkeit stellen müssten.