Rassismus-Anschlag

Charleston-Attentäter droht Todesstrafe

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Prozess zum Anschlag auf Schwarzen-Kirche im Südosten der USA beginnt.

Es ist der schlimmste rassistische Gewaltakt in der jüngeren Geschichte der USA: Im Juni vergangenen Jahres schoss ein junger Weißer in einer afroamerikanischen Kirche in Charleston im Bundesstaat South Carolina um sich und tötete neun Menschen. Am Montag soll nun vor einem Bundesgericht in Charleston der Prozess gegen den 22-jährigen Dylann Roof beginnen. Ihm droht die Todesstrafe.

Der Attentäter mit dem Topfhaarschnitt, den blonden Haaren und kindlichen Gesichtszügen hatte sich still unter die Teilnehmer einer Bibelstunde gemischt. Dann feuerte er plötzlich um sich. "Ich muss es tun. Ihr vergewaltigt unsere Frauen und übernehmt unser Land", rief der junge Mann nach Augenzeugenberichten aus. Im Kugelhagel starben Pastor Clementa Pinckney und acht Gemeindemitglieder. Roof wurde wenig später gefasst.

"Manifest"

Vor der Bluttat hatte der Sohn geschiedener Eltern und Schulabbrecher offenbar eine rechtsextremistische Website betrieben. In einem mutmaßlich von ihm verfassten "Manifest" hieß es dort, er habe Charleston für seinen Anschlag ausgewählt, weil dies die "geschichtsträchtigste Stadt in meinem Staat ist und sie zeitweise den landesweit höchsten Anteil von Schwarzen im Vergleich zu Weißen hatte". Es folgten Hasstiraden unter anderem gegen Afroamerikaner, Latinos und Juden.

Auf Fotos posierte Roof mit der Südstaaten-Flagge, dem Symbol der für den Erhalt der Sklaverei kämpfenden Konföderierten im Bürgerkrieg (1861 bis 1865). Das Attentat löste dann auch eine heftige Debatte um die Fahne aus, ein mit weißen Sternen besetztes blaues Andreaskreuz auf rotem Grund. Denn sie ist auch heute noch an vielen Orten in den Südstaaten gegenwärtig. Vor dem Regionalparlament von South Carolina wurde die Flagge nach dem Blutbad von Charleston heruntergeholt.

Symbolträchtiger Ort

Roof wählte für seinen Gewaltakt einen in hohem Maße symbolträchtigen Ort. Die 1816 gegründete Emanuel African Methodist Episcopal Church ist eine der ältesten schwarzen Kirchen des Landes und steht für den langen Kampf der Afroamerikaner um ihre Rechte. Nach einem Sklavenaufstand wurde das Gotteshaus aus Rache niedergebrannt, über Jahrzehnte konnten sich die Gemeindemitglieder nur im Verborgenen treffen. Ein Jahrhundert später war das Gotteshaus ein bedeutender Treffpunkt der schwarzen Bürgerrechtsbewegung, auch Martin Luther King predigte dort Anfang der 60er Jahre.

Der Anschlag am 17. Juni 2015 traf die afroamerikanische Minderheit ins Mark. Für den ersten schwarzen US-Präsidenten war es einer der bittersten Momente seiner Amtszeit. In die Geschichtsbücher eingehen wird der Auftritt Barack Obamas beim Trauergottesdienst in Charleston, als er seine Rede unterbrach, um überraschend den Gospel "Amazing Grace" zu singen.

Prozess

Dem Täter wird nun gleich zwei Mal der Prozess gemacht. Das am Montag beginnende Verfahren findet vor einem Bundesgericht statt. Für Jänner ist dann ein weiterer Prozess vor einem Gericht des Staats South Carolina angesetzt - auch in diesem Verfahren fordern die Ankläger die Todesstrafe. Das ungewöhnliche doppelte Vorgehen der Justizbehörden spiegelt die Schwere der Tatvorwürfe: "Rassistisch motivierte Gewalt wie diese ist der ursprüngliche inländische Terrorismus", hatte Justizministerin Loretta Lynch im vergangenen Jahr die von ihr erhobene Anklage begründet .

Das nun anstehende erste Verfahren wird sich voraussichtlich über mehrere Wochen hinziehen. Allein die komplizierte Auswahl der Geschworenen wird viel Zeit kosten. Die Verteidiger haben mitgeteilt, dass Roof sich möglicherweise schuldig bekennen könnte. Im Gegenzug will er dafür zugesichert bekommen, dass er nicht zum Tode verurteilt wird.

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