Russische Gefahr

DIESES EU-Land will jetzt der NATO beitreten

Das bisher neutrale Land will Mitglied des Verteidigungsbündnisses werden.

Zypern übernimmt am 1. Jänner von Dänemark für sechs Monate den EU-Vorsitz. Mangelnde EU-Erfahrung kann man dem zypriotischen Präsidenten Nikos Christodoulides nicht vorwerfen. Er war immerhin schon Sprecher der ersten zypriotischen EU-Ratspräsidentschaft im Jahr 2012, bevor er später Außenminister und dann Staatspräsident wurde. Mit Zypern übernimmt ein Land den EU-Vorsitz, das nicht der NATO angehört. Auch das auf Zypern nachfolgende EU-Vorsitzland Irland ist neutral.

Kleine Gruppe der bündnisfreien Staaten

Zypern bildet mit Österreich, Irland und Malta die kleine Gruppe bündnisfreier bzw. neutraler Staaten in der EU, die anderen 23 EU-Mitgliedstaaten gehören auch der NATO an. Infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hatten sich auch die ehemals bündnisfreien EU-Staaten Schweden und Finnland der NATO angeschlossen.

Präsident will Konflikt mit Türkei lösen

Im Unterschied zu Österreich strebt Zypern aber einen NATO-Beitritt an. Er wolle den jahrzehntelangen Konflikt mit der Türkei durch eine schrittweise Annäherung beenden, indem die geteilte Mittelmeerinsel zunächst der Partnerschaft für den Frieden (PfP) der NATO beitreten sollte, als Vorstufe zu einer Vollmitgliedschaft, sagte Präsident Christodoulides kürzlich in einem Interview.

Zypern ist nach einem griechischen Putsch und einer türkischen Militärintervention 1974 de facto geteilt. Die ganze Insel ist seit 2004 Mitglied der EU. Aufgrund der faktischen Teilung der Insel findet das EU-Recht jedoch nur im Süden Anwendung. Eine Lösung der Zypern-Frage mit der Türkei wäre eine Grundvoraussetzung für eine NATO-Mitgliedschaft der Mittelmeerinsel. Die Türkei gehört dem westlichen Militärbündnis an und kann gegen neue Mitglieder ein Veto einlegen. Die Beitrittsgespräche Ankaras mit der EU sind dagegen seit Jahren auf Eis gelegt, weil Brüssel der Türkei mangelnde Rechtsstaatlichkeit vorwirft.

Strategische Autonomie und Mittelmeer-Initiative

Trotz seiner speziellen sicherheitspolitischen Situation stellt auch für Zypern die Unterstützung der Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg eine Priorität in den kommenden sechs Monaten dar, wie Diplomaten betonen. Zu den selbst proklamierten Schwerpunkten der zypriotischen EU-Ratspräsidentschaft zählen laut Christodoulides die Stärkung der strategischen Autonomie der EU, von Verteidigung und Sicherheit bis hin zu Energie, Wettbewerbsfähigkeit, Migration und Wohnungswesen, sowie die Annäherung der Union an die Region, das heißt an den Nahen Osten und den östlichen Mittelmeerraum im weiteren Sinne. Für den 23. und 24. April plant Zypern die Abhaltung eines informellen EU-Gipfels, zu dem laut Medienberichten auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan und Vertretende weiterer Mittelmeerländer eingeladen werden sollen.

EU-Mehrjahresbudget und Erweiterung

Weiters muss die zypriotische EU-Ratspräsidentschaft die Arbeiten am künftigen EU-Mehrjahresbudget (MFR/MFF) von 2028 bis 2034 vorantreiben. Die EU will sich ja bis Ende 2026 auf den Finanzrahmen einigen - offen bleibt freilich, ob ihr dies bereits im nächsten Jahr gelingt. Außerdem kommt dem EU-Vorsitz eine wichtige Rolle bei der EU-Erweiterung zu.

Das Kandidatenland Montenegro will jedenfalls die Beitrittsverhandlungen mit der EU im kommenden Jahr abschließen. Es wäre die erste größere Bewegung bei der EU-Erweiterung seit dem EU-Beitritt Kroatiens 2013. Irland als das EU-Vorsitzland, das Zypern von Juni bis Dezember nachfolgen wird, will sicherstellen, dass die Verhandlungen mit dem kleinen Balkanstaat tatsächlich abgeschlossen werden. Außerdem hat sich Irland bereits als Anwalt einer EU-Mitgliedschaft der Ukraine klar positioniert. So wie auch Zypern und Österreich gehört Irland nicht der NATO an, muss aber nichtsdestotrotz die Europäische Union in den turbulenten Zeiten geopolitischer Veränderungen anführen.

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