oe24.TV-Reporter Herbert Bauernebel

Merkel in Washington

Deutsche Kanzlerin trifft US-Präsident Biden

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Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Vizepräsidentin Kamala Harris haben die Bedeutung gemeinsamer Werte ihrer beiden Länder unterstrichen.  

Harris sagte am Donnerstag bei Merkels Ankunft zu einem gemeinsamen Frühstück im Amtssitz der Vizepräsidentin in Washington, sie sei sehr geehrt, die Kanzlerin zu treffen. Merkel betonte zum Auftakt ihres Besuchs die Notwendigkeit, gemeinsam daran zu arbeiten, "demokratische Werte zu stärken".

Der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert hatte zuvor angekündigt, dass es bei dem Treffen einen Gedankenaustausch in der Breite der Beziehungen geben werde. Merkel war am Vortag zu einem Abschiedsbesuch in Washington eingetroffen und wollte sich am Nachmittag (20.00 Uhr deutscher Zeit) im Weißen Haus mit US-Präsident Joe Biden treffen. Sie ist die erste Regierungschefin aus Europa, die Biden seit seiner Amtsübernahme im Jänner im Weißen Haus empfängt.

Neuanfang nach Tiefpunkt

Der Besuch soll den Neuanfang der deutsch-amerikanischen Beziehungen nach einem Tiefpunkt in der Ära von Bidens Vorgänger Donald Trump markieren. Biden bemüht sich darum, die unter Trump schwer belasteten Beziehungen zu Deutschland und zu anderen Verbündeten der USA wieder zu reparieren. Die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, hatte vor Merkels Visite gesagt: "Ihr Besuch wird die tiefen und dauerhaften bilateralen Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland bekräftigen."

Eine hochrangige US-Regierungsvertreterin betonte am Donnerstag: "Deutschland ist einer unserer treuesten Verbündeten." Nach dem Treffen von Merkel und Biden solle eine "Washington-Erklärung" veröffentlicht werden, "die ihre gemeinsame Vision für die Zusammenarbeit bei der Bewältigung politischer Herausforderungen skizzieren wird".

Die Regierungsvertreterin machte zugleich deutlich, dass die US-Seite nicht mit einer Lösung des Konflikts um die Gaspipeline Nord Stream 2 beim Treffen von Biden und Merkel rechnet. Sie erwarte, dass Biden seine Bedenken zur Sprache bringen werde. Sie gehe aber nicht davon aus, dass diese Diskussion zu einem Ergebnis oder einer offiziellen Ankündigung führen werde. Die "sehr produktiven" Gespräche zwischen Vertretern der Bundesregierung und der USA zu dem Thema würden in den kommenden Tagen weitergeführt. Auch Merkel hatte sich skeptisch gezeigt, ob es jetzt schon eine abschließende Lösung geben wird.

Die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 ist aktuell das größte Konfliktthema zwischen den USA und Deutschland. Mit ihr soll russisches Gas unter Umgehung der Ukraine nach Deutschland gebracht werden. Die USA und einige osteuropäische NATO-Partner befürchten eine zu starke Abhängigkeit Europas von russischen Energielieferungen und lehnen das Projekt deswegen ab. Washington und Berlin bemühen sich seit Wochen um einen Kompromiss. Sie haben sich nach Angaben von Deutschlands Außenminister Heiko Maas bei vielen Punkten angenähert.

Weitere Themen der Gespräche im Weißen Haus sollten der Umgang mit China und Russland, die bedrohliche Lage in Afghanistan kurz vor dem Ende des internationalen Militäreinsatzes und der Kampf gegen die Corona-Pandemie sein.

Zur Bekämpfung der Corona-Pandemie forderten vor Merkels Eintreffen in Washington zahlreiche Organisationen die Kanzlerin dazu auf, ihren Widerstand gegen eine Aufweichung des Patentschutzes für Impfstoffe aufzugeben. Biden hat sich dafür ausgesprochen, im globalen Kampf gegen die Pandemie den Patentschutz vorübergehend auszusetzen.

Der Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung hofft auf eine Verständigung zu den coronabedingten US-Einreisebeschränkungen. "Die USA sollten ihre Corona-Einreisebeschränkungen für den Schengen-Raum lockern", sagte Peter Beyer der "Rheinischen Post" (Donnerstag). Die EU hat entschieden, dass Reisende aus den Vereinigten Staaten wieder leichter in die Europäische Union einreisen können. In die umgekehrte Richtung gelten aber nach wie vor strenge Auflagen. Außenminister Maas sagte am Mittwoch, dass er bei diesem Thema während des Merkel-Besuchs in den USA keine Bewegung erwarte.

Merkel wollte sich nach dem Frühstück mit Harris mit Vertretern der US-Wirtschaft treffen. Anschließend sollte die Kanzlerin mit der Ehrendoktorwürde der Johns-Hopkins-Universität ausgezeichnet werden und dabei auch eine Rede halten. Die Universität würdigte Merkel im Vorfeld als "globale Führungspersönlichkeit von beispielloser Entschlossenheit und Integrität". Die Bundeskanzlerin habe nicht nur Deutschland geführt, "sondern war auch ein Leuchtfeuer für die Welt in Krisenzeiten, von der großen Rezession bis zur Covid-19-Pandemie".

Am Abend wollten der US-Präsident und First Lady Jill Biden ein Abendessen zu Ehren der Kanzlerin geben. Daran sollte nach Angaben des Weißen Hauses auch Merkels Ehemann Joachim Sauer teilnehmen. Anschließend wollten Merkel und ihre Delegation nach Deutschland zurückfliegen.

Biden-Vorgänger Trump hatte Deutschland mehr als Konkurrenten und weniger als Verbündeten gesehen. Der Republikaner hatte immer wieder die deutschen Verteidigungsausgaben, den deutschen Handelsüberschuss und auch Nord Stream 2 scharf kritisiert.
 

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