Nach Polen stellt die EU jetzt auch Ungarn an den Pranger.
Ist es im Fall Polens die EU-Kommission gewesen, die ein Rechtsstaatsverfahren eingeleitet hat – so trat diesmal das EU-Parlament an, um gegen Ungarn vorzugehen. Die Abgeordneten stimmten am Mittwoch mit 448 zu 197 für ein Verfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrages – am Ende könnte ein Stimmrechtsentzug stehen. Doch ist zu erwarten, dass Ungarn und Polen eine Bestrafung im EU-Rat im Fall des jeweils anderen blockieren.
Langes Sündenregister. Premier Viktor Orbán wird ein langes Sündenregister vorgehalten: Dabei geht es um die Einschränkung der Unabhängigkeit von Justiz, Medien und Wissenschaft. Minderheiten würden unterdrückt – Asylwerber müssten hungern. Orbáns aggressive Verteidigungsrede vom Dienstag hat die Stimmung gegen Ungarn sogar noch verstärkt.
So geht es weiter. Jetzt liegt der Ball beim EU-Rat und damit bei der österreichischen Präsidentschaft. Vier Fünftel der EU-Mitglieder könnten jetzt die Menschenrechtsverletzungen feststellen; ob es dazu kommen wird, ist offen.
Spaltpilz. Für die ÖVP-FPÖ-Koalition ist der Fall Orbán ein Spaltpilz: Kanzler Kurz ist für, sein Vize Strache gegen das EU-Verfahren. Ein Streit auf offener Bühne wird aber – noch – vermieden.