"Gaddafi wird sterben"

Ex Gaddafi-Soldat wechselte die Seiten

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Interview mit Ahmed Bani, militärischer Sprecher der Rebellen.

Ahmed Bani, 49, war vor der Revolution Pilot in der Gaddafi-Armee und flog Transportmaschinen. Als der Aufstand gegen Gaddafi ausbrach, wechselte er die Seite. Er ist verheiratet, hat vier  Kinder, zwei Mädchen, zwei Buben.

ÖSTERREICH: Ihre Einheiten haben sich fluchtartig von den Frontlinien zurückgezogen. Warum?

Ahmed Bani: Teilweise ist es ein taktischer Rückzug gewesen, um uns neu zu organisieren. Unsere Einheiten sind vor Sirte gestanden, der Geburtsstadt Gaddafis. Wir konnten die Stadt aber nicht einnehmen, unsere militärischen Mittel sind einfach zu beschränkt. Gaddafis Armee ist noch immer gut strukturiert, hat Potential, Ausrüstung. Als es jetzt zum Gegenangriff gekommen ist, wären die Verluste auf unserer Seite einfach zu hoch gewesen, deshalb der Rückzug. Unsere Granatwerfer reichen vielleicht 100, 150 Meter weit. Damit kann man gegen starke Befestigungslinien und  T72 und T92-Panzer  nicht anrennen.

ÖSTERREICH: Konnten Ihnen die alliierten Bomber nicht helfen?

Bani: Teilweise ja, aber die Panzer stehen in besiedeltem Gebiet, da kann es keine Luftangriffe geben. Außerdem agieren Gaddafis-Truppen inzwischen mit kleineren Einheiten. Es ist schwer für die Piloten, die genauen Frontlnien zu erkennen. Wir werden aber nicht aufgeben, es wird zu neuen Angriffen kommen. Schon nächste Woche wird es eine große Überraschung geben.

ÖSTERREICH: Welche?

Bani: Würde ich es ihnen sagen, wäre es keine  Überraschung mehr. Haben Sie Geduld, das Blatt wird sich bald ändern.

ÖSTERREICH: Militärisch, politisch?

Bani: Beides. Wir werden sowohl an der Frontlinie, aber auch in Tripolis agieren.

ÖSTERREICH: Wie wollen sie in Tripolis agieren, die Stadt ist im Würgegriff Gaddafis.

Bani: Es ist sind jetzt einige wichtige Personen aus dem System Gaddafis weggebrochen. Wir haben nun Informationen, die wir zuvor nicht hatten, das wollen wir ausnützen. Das System Gaddafi funkioniert nicht mehr so wie in den vergangenen Wochen. Zahlreiche Personen aus dem innersten Zirkel des Tyrannen sind jetzt auf unserer Seite, kooperieren jetzt mit uns. Sie werden schon bald eine Aktion starten, das steht fest.

ÖSTERREICH: Deuten sie ein Attentat auf Gaddafi an?

Bani: Das ist eines der Ziele.Gaddafi wird Tripolis nicht lebend verlassen, er wird sterben.  Ich sage es nochmals: Es wird eine Aktion geben, die alle überraschen wird.

ÖSTERREICH: Das klingt aber nach Kriegs- Propaganda.

Bani: Das ist ihre Interpretation, nicht unsere.

ÖSTERREICH: Gaddafis-System stützt sich doch seit Beginn an auf die Loyalität seiner Söhne, alle wichtigen Einheiten werden von seinen Söhnen dirigiert.

Bani: Das ist ein Märchen der Westmedien. Seine Söhne wären gar nicht in der Lage, militärische Aktion durchzuführen. Saadi zum Beispiel, der angeblich die Truppen in Sirte befehligen soll, hat keine Ahnung von der Armee. Der ist ein Ex-Fußballprofi, zahlte sogar, um in Italien als Profifußballer ein wenig mitspielen zu dürfen. Alle Söhne Gaddafis sind Playboys, sie kennen sich bei Partys aus und bei teuren Autos, fahren Prosches, Ferraris, Maseratis. Von Armee-Taktik haben sie aber keine Ahnung. Auch Saif al-Islam nicht, den ihr Österreicher ja gut kennt, schließlich hat er in Wien studiert. Er ist wie seine Bruder eine Marionette seines Vaters, nicht mehr. Sie wären auch nach dem Sturz Gaddfis keine Ansprechpartner für uns. Sie müssen weg -  wie er.

ÖSTERREICH: Gut organisiert wirken auch ihre  Rebellen nicht.

Bani: Wir sind keine Rebellen, sondern Revolutionäre. Täglich melden sich hunderte, hoch motivierte Männer und Frauen, entschlossen zu kämpfen. Wir können keinen Revolutionär nach Hause schicken, bloss deshalb, weil er nie zuvor eine Waffe in der Hand gehalten hat. Es dauert eben Zeit, bis wir funktionierende Strukturen haben werden.

ÖSTERREICH: Wie stark ist ihre Armee?

Bani: Einige Tausend Revolutionäre. Eine genaue Zahl kenne auch ich nicht.

ÖSTERREICH: Wie viele Tote hat es seit Beginn des Krieges auf ihrer Seite gegeben?

Bani: Auch in diesem Punkt gibt es keine genauen Zahlen. In ganz Libyen dürften seit Beginn des Krieges 8000 Menschen getötet worden sein.

ÖSTERREICH: Es heißt, dass US-Militärberater bereits an der Ausbildung ihrer Einheiten arbeiten?

Bani: Sie machen ihren Job, wir unseren.

ÖSTERREICH: Kann es noch eine diplomatische Lösung geben?

Bani: Nein, dazu ist es zu spät. Ich kenne Gaddafi, eine Aufgabe lässt seine Mentalität nicht zu. Gaddafi wird bleiben, oder sterben. Eine andere Lösung gibt es nicht.

Interview: Karl Wendl

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