Seit vielen Jahren rätseln Forscher darüber, warum aus dem Zentrum der Milchstraße ein ungewöhnlich starkes Leuchten im Bereich der Gammastrahlung kommt. Die Ursache ist bis heute unklar.
Zwei mögliche Erklärungen stehen im Raum: Entweder stammt das Licht von sogenannten Pulsaren – also von sehr schnell rotierenden Neutronensternen, die nach einer Supernova übrigbleiben – oder es handelt sich um einen Hinweis auf sogenannte „dunkle Materie“.
Zwei gleich wahrscheinliche Theorien
Eine neue wissenschaftliche Arbeit, erschienen im Fachmagazin Physical Review Letters, kommt zu dem Schluss, dass beide Erklärungen derzeit gleich wahrscheinlich sind. Das mag zwar keine endgültige Antwort liefern, erhöht aber die Bedeutung der Forschung enorm. Sollte sich nämlich herausstellen, dass die dunkle Materie tatsächlich die Ursache ist, wäre das ein historischer Nachweis. Der Astrophysiker Joseph Silk von der Johns Hopkins University (USA) erklärt: „Dunkle Materie bestimmt, wie Galaxien aufgebaut sind und sich halten. Wir suchen schon lange nach einer Möglichkeit, sie endlich direkt nachzuweisen.“
Mit dem Fermi-Teleskop der NASA wurde das ungewöhnliche Gammastrahlen-Signal entdeckt.
Silk und sein internationales Team haben ein Modell der Milchstraße erstellt, das zeigt, wo sich dunkle Materie theoretisch befinden müsste. Dabei kamen sie zu einem spannenden Ergebnis: Die Bereiche, in denen laut Modell dunkle Materie vorkommen sollte, decken sich erstaunlich gut mit den Regionen, aus denen das beobachtete Gammastrahlen-Licht kommt. Diese Daten stammen vom NASA-Weltraumteleskop „Fermi“.
Noch keine endgültige Antwort
Trotz der auffälligen Übereinstimmungen wollen die Forschenden vorsichtig bleiben. Es ist durchaus möglich, dass die Strahlung nicht von dunkler Materie stammt, sondern von einer Vielzahl kleiner Pulsare im Zentrum der Milchstraße. Ein neues Forschungsprojekt könnte bald mehr Klarheit bringen: Das sogenannte Cherenkov-Teleskop-Array, kurz CTA, soll in den kommenden Jahren genauere Messungen ermöglichen. Es besteht aus rund 60 Teleskopen, die an zwei Orten stehen werden – auf der Kanarischen Insel La Palma (Spanien) und in der Atacama-Wüste (Chile). Mit diesen Geräten hoffen die Wissenschaftler, hochauflösende Aufnahmen der Gammastrahlung zu erhalten. Dadurch könnten sie erstmals genau feststellen, woher das Leuchten im Zentrum unserer Galaxie wirklich kommt.
Bis dahin wollen Silk und sein Team auch kleinere Nachbargalaxien untersuchen, um nach weiteren Hinweisen auf dunkle Materie zu suchen. Wenn sich die dort gemessenen Daten mit den bisherigen Ergebnissen decken, könnte das ein wichtiger Schritt sein. Silk fasst es so zusammen: „Vielleicht werden wir bald sehen, welche der beiden Theorien stimmt – oder gar keine von beiden. Dann wäre das Rätsel noch größer, als wir jetzt denken.“