Fragezeichen bei Finanzierung

Forschungs-Flaggschiffe laufen vom Stapel

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Nur Hälfte der Mittel von EU - "Graphene"-Projekt widmet sich Wundermaterial Graphen - "Human Brain Project"-Konsortium plant Simulation des menschlichen Gehirns.

Mit dem "Human Brain Project" und dem "Graphene"-Projekt wurden heute, Montag, die beiden ersten europäischen Flaggschiff-Projekte in der Forschung präsentiert. Im Rahmen des groß angelegten Förderprogramms "Future and Emerging Technologies Flagship" (FET-Flaggschiff) sollen im Laufe der nächsten zehn Jahre jeweils etwa eine Milliarde Euro in die beiden Vorhaben fließen, an denen auch österreichische Wissenschafter beteiligt sind. Die Hälfte der Mittel kommt von der EU, den Rest sollen öffentliche Institutionen, Universitäten und die Mitgliedsstaaten stemmen. Wie diese aufgebracht werden sollen, ist aber noch unklar.

"Graphene" widmet sich dem aus nur einer Atomlage dünner Kohlenstoffkristalle bestehenden "Wundermaterial" Graphen. Projektleiter Jari Kinaret von der Technischen Universität Chalmers in Göteborg (Schweden) meinte, es sei "wahrscheinlich das Material mit den meisten Superlativen" Graphen besteht aus Graphit, dem Hauptbestandteil von Bleistiftminen. Ist es nur eine Atomlage dünn, entfaltet es bemerkenswerte Eigenschaften. Es gilt heute als das dünnste, steifste und stärkste bekannte Material. Graphen besitzt die höchste Wärmeleitfähigkeit, ist absolut undurchlässig für Gase und leitet bei Raumtemperatur elektrischen Strom besser als alle anderen Materialien. Andre Geim und Kostya Novoselov von der Uni Manchester gelang 2004 erstmals die Herstellung des Materials, dafür wurden sie 2010 mit dem Physik-Nobelpreis ausgezeichnet.

Teil des Konsortiums ist auch Thomas Müller vom Institut für Photonik der Technischen Universität (TU) Wien. Der Physiker beschäftigt sich schon länger mit den opto-elektronischen Eigenschaften von Graphen. Neben der TU Wien ist aus Österreich auch die VARTA Micro Innovation Forschungsgesellschaft an dem Konsortium beteiligt, das insgesamt 126 Arbeitsgruppen aus Universitäten, Forschungseinrichtungen und Unternehmen aus 17 europäischen Staaten umfasst.

Der Funktionsweise des menschlichen Gehirns widmet sich das "Human Brain Project" (HBP). Unter der Leitung des südafrikanischen Hirnforschers Henry Markram von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (Schweiz) soll mehr oder weniger das gesamte Wissen über die Abläufe im Gehirn in eine Computersimulation gepackt werden. Mit der Umsetzung dieses Vorhabens werden sich tausende Forscher in etwa 200 Forschungsgruppen beschäftigen.

"Es ist eine große Ehre, an einem solchen interdisziplinären Projekt beteiligt zu sein", erklärte der Hirnforscher Peter Jonas vom Institute of Science and Technology (IST) Austria. Zwischen dem Verhalten eines Menschen und den Prozessen auf zellulärer und molekularer Ebene gebe es einen "ganz großen Spalt". Die "Simulationswelt" könnte helfen, "diese beiden Aspekte näher zusammenzubringen. Wir müssen ja zu einem Gesamtverständnis des Gehirns kommen", so Jonas.

"Wir bringen uns aus der Perspektive der Informatik ein, mit der zentralen Aufgabe, Prinzipien der Informationsverarbeitung im menschlichen Gehirn zu entschlüsseln", erklärte der ebenfalls am HBP beteiligte Vorstand des Instituts für Grundlagen der Informationsverarbeitung der Technischen Universität (TU) Graz, Wolfgang Maass, in einer Aussendung. An der Medizinischen Universität Innsbruck hofft man, dass im Rahmen des HBP rund fünf Millionen Euro nach Tirol fließen werden. Insgesamt würden in Österreich insgesamt rund 14 Millionen landen, prognostizierte Alois Saria, Leiter der Abteilung für Experimentelle Psychiatrie der Medizin-Uni Innsbruck. Der Wissenschafter ist Teil des Managementteams des Vorhabens. Als solcher wird es an ihm liegen, die Ausbildung der Nachwuchswissenschafter, den sogenannten "Educational Pillar" des Projekts, zu organisieren.

Mit ihrer Arbeit hätten die österreichischen Forscher dazu beigetragen, dass diese beiden Forschungsprogramme ausgewählt wurden, kommentierte der Präsident des Wissenschaftsfonds FWF, Christoph Kratky, die Entscheidung in einer Aussendung. "Damit heben sie die internationale Sichtbarkeit Österreichs als Standort exzellenter Grundlagenforschung."

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