USA

Größte Finanzreform seit 1930ern steht

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Das bringt Barack Obama Rückenwind für den startenden G-20-Gipfel.

Als Lehre aus der Finanzkrise haben die USA eine historische Reform ihrer Bankenbranche und Märkte auf den Weg gebracht. Kurz vor dem G-20-Gipfel erzielte der US-Kongress am Freitag nach Marathon-Verhandlungen einen Durchbruch bei dem Gesetz, das US-Präsident Barack Obama noch vor dem 4. Juli in Kraft setzen will. Wie nach der Weltwirtschaftskrise in den 30er Jahren verschärft der Staat seinen Zugriff auf die Finanzbranche, die ihre spekulativsten Geschäfte jeder Kontrolle entzogen und damit die folgenreichsten Turbulenzen seit fast achtzig Jahren verursacht hatte.

Banken und Investoren müssen sich nun in den USA auf strengere Vorgaben einstellen und mehr Transparenz vor allem im milliardenschweren Derivate-Handel zulassen, der viele Spekulanten anzieht. Diese Finanzprodukte gelten als Brandbeschleuniger der Krise, die mit dem Zusammenbruch der Investmentbank Lehman im September 2008 ihren Höhepunkt hatte. Einschnitte in das Geschäftsmodell bleiben aber nach intensiver Lobby-Arbeit der Branche beschränkt. Die Institute hatten vor allem die Sorge, renditeträchtige Geschäfte zu verlieren und gegenüber der internationalen Konkurrenz ins Hintertreffen zu geraten.

Den Banken wird zwar der Eigenhandel ohne Kundenauftrag bis auf einen kleinen Teil verboten, was ihr Wachstum einschränkt. Auch müssen sie sich mit 19 Milliarden Dollar an den Kosten der Krise beteiligen. Auf dem milliardenschweren Derivate-Markt dürfen sie aber in den lukrativsten Bereichen wie dem Swap-Handel auf Devisen oder Leitzins-Entwicklungen dabei bleiben.

Die USA wollten dem Wachstum von Instituten Grenzen setzen, um nicht wieder wie bei Lehman in Zugzwang zu kommen und die Branche mit Milliardenhilfen retten zu müssen. Das zweite große Ziel war eine größere Kontrolle spekulativer Geschäft, wie sie der Branche in der Krise zum Verhängnis wurden: Als verbriefte Hypothekenkredite wegen plötzlich fallender Häuserpreise in den USA massiv an Wert verloren, gerieten weltweit zahlreiche Finanzinstitute ins Trudeln. In der Folge stockte die Konjunktur und wurde gleichfalls mit Milliardenzuschüssen der Regierungen wieder in Gang gebracht. Nach der Finanz- und Wirtschaftskrise steckt die Welt inzwischen in der dritten Phase der Turbulenzen: der Schuldenkrise, die Staaten wie Griechenland mittlerweile an den Rand des Bankrotts getrieben hat.

Eine schärfere Regulierung der Finanzmärkte und Auswege aus den hohen Staatsverschuldungen sind die zentralen Themen des G-20-Gipfels am Wochenende in Kanada. Dank der pünktlichen Einigung geht Obama nun gestärkt in die Debatten.

Der US-Präsident lobte das Gesetz als historischen Fortschritt vor allem für Finanzkunden und Steuerzahler. Die Reform verschaffe den Verbrauchern einen nie dagewesenen Schutz in der Geschichte der USA, sagte er. Eine Verbraucherschutzbehörde wird Vorgaben für Kreditkarten und Hypothekenkredite erlassen.

Der Vermittlungsausschuss von Senat und Repräsentantenhaus verhandelte 21 Stunden am Stück, bevor im Morgengrauen der Durchbruch gelang. Die 43 Mitglieder hielten sich mit Schokolade wach und überließen die Mikrofone vor den Verhandlungstüren ihren Mitarbeitern, um die letzten Knackpunkte zu lösen. Trotz der Abschwächungen zahlreicher Punkte fällt die Reform schärfer aus als noch vor einem halben Jahr gedacht: Der erst im Mai verabschiedete Gesetzentwurf des Senats ging dank des öffentlichen Drucks weit über die im Repräsentantenhaus verabschiedeten Vorgaben hinaus. Die Kammern trafen sich schließlich auf halbem Wege.

Der Gesetzentwurf muss nun in beiden Häusern des Parlaments noch einmal zur Abstimmung gestellt werden. Es wird erwartet, dass dies zügig und ohne Änderungen geschieht. Damit könnte Obama die Reform wie erhofft noch vor dem Nationalfeiertag unterzeichnen.

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