Häftlinge packen aus

Hier starb Nawalny: So schlimm ist es in Putins "Polarwolf"

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Der Putin-Kritiker Alexej Nawalny (47) verstarb nur zwei Monate nach seiner Verlegung in die Strafkolonie IK-3 in Charp am Polarkreis. Der inoffizielle Name "Polarwolf" ist Programm.

Nawalny starb am 16. Februar nach Behördenangaben in dem sibirischen Straflager mit dem inoffiziellen Namen "Polarwolf" in der Arktisregion Jamal. Die Umstände seines Todes sind nicht geklärt. Der durch den Giftanschlag 2020 und wiederholte Einzelhaft im Lager geschwächte Politiker soll bei einem Rundgang auf dem eisigen Gefängnishof zusammengebrochen und trotz Wiederbelebungsversuchen gestorben sein. Nach Angaben von Nawalnys Team ist im Totenschein von "natürlichen" Ursachen die Rede.

Der Politiker war zum Zeitpunkt des Todes 47 Jahre alt – auch deshalb glauben die Anhänger des Oppositionspolitikers nicht an die offizielle Erklärung. Nawalnys Team verspricht russischen Polizisten, Militärs und Mitgliedern des Sicherheitsapparates sogar eine Belohnung von 20.000 Euro für jeden Hinweis zu dem "Mord".

Spazieren im T-Shirt bei minus 32 Grad

Fakt ist, dass die Haftbedingungen im "Polarwolf" in jeder Hinsicht extrem sind. Vor Ort herrschen eisige Temperaturen von bis zu minus 32 Grad. Das sollen sich die Wärter zunutze machen: Ex-Häftlinge berichten von brutalen Zuständen und Misshandlungen. "Ich erinnere mich an diese Spaziergänge nur mit einem T-Shirt. Grausam", erinnert sich ein ehemaliger Insasse. Eine Flucht aus dem Straflager ist so unmöglich – es wäre der sichere Tod. Der "Polarwolf" ist umgeben von hunderten Kilometern Tundra einerseits und den Bergen des Polarurals andererseits.

Straflager IK-3
© APA/AFP
× Straflager IK-3

Auch gewalttätige Übergriffe in Form von Schlägen und Elektroschocks sollen an der Tagesordnung stehen. Die russische Friedensnobelpreisträgerin Irina Scherbakowa sprach in der ARD-Sendung "Maischberger" zudem von "Folter mit dem Hunger" – die Hälftinge bekämen fast nichts zu essen.

Nawalny musste kochendes Wasser exen

Im Fall von Nawalny sollen die Wärter noch perfider gehandelt haben: Zu Trinken bekam er kochend heißes Wasser, dass er auf Ex trinken musste. Laut einem Anwalt, der anonym bleiben will, handle es sich "im Wesentlichen um legalisierte Folter", sagte er der britischen "Sun".

Straflager IK-3
© APA/AFP
× Straflager IK-3

Schon der Strafantritt im "Polarwolf" ist grausam: "In der Sekunde, in der du die Schwelle überschreitest, machen sie dir klar, dass du im Fegefeuer angekommen bist", berichtete der ukrainische Filmemacher Oleg Senzow, der selbst in einer nahe gelegenen Kolonie einsaß.

Brutales Begrüßungsritual

Ein weiterer Verurteilter schildert das "Begrüßungsritual" folgendermaßen: "Wenn die Gefangenen die Kolonie betreten, werden sie in das Badehaus gebracht. Wenn eine Person sich auszieht und sich waschen will, wird das Wasser abgestellt und maskierte Personen kommen herein und beginnen, dich zu schlagen." Er selbst habe das so erlebt und sei von 15 Personen, Häftlingen wie Angestellten gleichermaßen, eine halbe Stunde verprügelt worden.

Straflager IK-3
© APA/AFP
× Straflager IK-3

Gewaltsame Tode werden vertuscht

Sich zu beschweren, ist sinnlos: Man habe keine Rechte, so Senzow. Wer gar versucht, sich zu wehren, werde die ganze Nacht in einen Käfig gesperrt. Gerade in der Nacht, wenn es noch kälter wird, komme es immer wieder zu Todesfällen, die vertuscht würden. Die Wärter würden die Leichen dann auf die Krankenstation bringen und behaupten, der Häftling sei eines natürlichen Todes gestorben – etwa Herzversagen im Schlaf. so schildern es mehrere ehemalige Gefangene.

Ob auch Nawalny auf derartige Weise umgekommen ist, kann nur gemutmaßt werden ...

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