Mit dem neuen Gesetz könnten Kinderehen und Polygamie legitimiert werden.
In der Türkei dürfen künftig auch islamische Geistliche zivile Ehen schließen. Nach der Unterzeichnung durch Präsident Recep Tayyip Erdogan trat am Freitag ein umstrittenes Gesetz in Kraft, das Muftis erlaubt, Ehen zu registrieren. Bisher war dieses Recht den Standesbeamten vorbehalten.
Die säkulare Opposition sieht die Reform als Angriff auf die Trennung von Staat und Islam, die zu den Grundlagen der türkischen Republik zählt.
Kinderehen
Die Muftis sind islamische Geistliche, die von der Religionsbehörde Diyanet angestellt sind. Bisher durften sie zwar religiöse Ehen schließen, doch hatten diese keine rechtliche Verbindlichkeit. Laut der Regierung soll die Reform Paaren zusätzliche Möglichkeiten zur Registrierung der Ehe geben und die Wartezeiten verkürzen. Die Opposition beklagt dagegen einen weiteren Schritt Erdogans zur Islamisierung des türkischen Staats.
Insbesondere die Republikanische Volkspartei (CHP), die sich als Verteidiger des säkularen Erbes von Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk sieht, äußerte scharfe Kritik. Die islamisch-konservative Partei für Entwicklung und Gerechtigkeit (AKP) Erdogans habe "einen weiteren Schritt getan, der die laizistischen Grundlagen des Staates untergräbt", sagte der CHP-Abgeordnete Sezgin Tanrikulu.
Tanrikulu warnte, das Gesetz werde Kinderehen erleichtern, die in manchen Teilen der Türkei weiter verbreitet sind. Die CHP wirft der AKP seit Langem vor, ihre Politik am Islam auszurichten und der Gesellschaft die Regeln und Gebote des Islam aufzwingen zu wollen. Die AKP weist diese Vorwürfe zurück und betont, dass sie mit Maßnahmen wie der Aufhebung des Kopftuchverbots nur der konservativen Mehrheit der Bevölkerung entgegenkommt.