Prozess in Istanbul

Khashoggi: Zeuge berichtete von bedrohlichem Anruf

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Khashoggi fühlte sich von einem Anruf des saudi-arabischen Vize-Geheimdienstchefs bedroht. 

Im Prozess um den vor zwei Jahren brutal ermordeten saudi-arabischen Journalisten Jamal Khashoggi in der Türkei hat das Gericht die Verhandlung nach rund einer Stunde vertagt. Das Istanbuler Gericht vernahm am Dienstag einen engen Freund Khashoggis, wie Christian Mihr, Prozessbeobachter von der Organisation Reporter ohne Grenzen, der Deutschen Presse-Agentur (dpa) sagte. Der nächste Prozesstag in Istanbul solle am 4. März stattfinden.
 
Der Befragte sagte vor Gericht Mihr und anderen Beobachtern zufolge aus, dass sich Khashoggi lange vor seinem Tod unter anderem von einem Anruf des saudi-arabischen Vize-Geheimdienstchefs bedroht gefühlt habe. Der habe Khashoggi gesagt, dass er seine Kinder kenne und wisse, wo sie lebten. Von Drohungen hatte Khashoggi selbst bereits vor seiner Ermordung berichtet. Nach seinem ersten Besuch im saudi-arabischen Konsulat wenige Tage vor seiner Ermordung hätten sich die Sorgen gelegt. Khashoggi habe gesagt, dass er vielleicht zu schlecht über die Saudis denke.
 

Von Spzeialkommando getötet

Khashoggi war am 2. Oktober 2018 im saudi-arabischen Konsulat in Istanbul von einem Spezialkommando aus Riad getötet worden. Die türkische Justiz rollt den Fall auf. Der Prozess begann Anfang Juli gegen 20 Angeklagte.
 
Angeklagt sind insgesamt 26 saudi-arabische Staatsbürger. Die Vorwürfe reichten von direkter Mitwirkung bis zu Anstiftung, so Mihr. Das Gericht hatte zuvor zwei Anklageschriften zusammengeführt. Von den Angeklagten habe keiner an dem Prozess teilgenommen. Von vorgeladenen zwei Zeugen sei nur einer erschienen und der Verhandlungstag nach einer knappen Stunde für beendet erklärt worden.
 
Die Führung des islamisch-konservativen Königreichs war nach dem Mord scharfer Kritik ausgesetzt. Die Regierung räumte den Mord erst auf internationalen Druck hin ein. Die Spuren führten damals bis in das engste Umfeld des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman. Bin Salman bestritt, die Tötung selbst angeordnet zu haben.
 
Das Verfahren in der Türkei hat eine starke politische Bedeutung, da die Türkei und Saudi-Arabien Rivalen sind und in der Region um Einfluss buhlen. Vergangene Woche erst hatten sich der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und bin Salman jedoch darauf verständigt, die Beziehungen zwischen den beiden Ländern zu verbessern.
 
Ein saudi-arabisches Gericht hatte Anfang September fünf Angeklagte zu 20 Jahren Haft verurteilt und damit offensichtlich eine Ende vergangenen Jahres verhängte Todesstrafe gegen die fünf Männer aufgehoben. Zuvor hatte Khashoggis Familie erklärt, dass sie den Tätern vergebe.
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