Luftangriffe reichen nicht

Wird der Krieg gegen Gaddafi zum Flop?

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Experten waren, dass der Libyen-Krieg zum Flop werden könnte.

In Washington war der militärische Balanceakt gegen Gaddafi von Anfang an umstritten. Zwar forderte Präsident Obama ausdrücklich den Sturz Gaddafis. Seine Generäle betonten aber stets, „Gaddafi steht nicht auf unserer Zielliste“. Angeblich sei nicht einmal Unterstützung der Aufständischen geplant.

Jetzt sind die Amerikaner nicht mehr Leithammel der Operation „Morgendämmerung“. Offiziell hat am Freitag die NATO die Leitung der gesamten Militäroperation „zum Schutz der libyschen Zivilbevölkerung“ übernommen. Im Klartext bedeutet das: keine weiteren US-Jets mehr am Himmel von Libyen. Dafür kommen nun erstmals die „Eurofighter“ zu Kampfeinsätzen.

Dilemma: UN-Mandat lässt keine Bodentruppen zu
Washington stellt in Zukunft lediglich „Unterstützung und Hilfe“ bei. Damit sitzt die „Weltmacht Nummer eins“ erstmals nach Bosnien, Irak und Afghanistan nicht im Kommandostand, sondern bloß im Wartezimmer. Und das, obwohl Gaddafi-treue Bodentruppen weiter Rebellen und Zivilisten angreifen, mit Panzern und schwerer Artillerie: „Mit der reinen Überwachung der Flugverbotszone“, warnt auch Militärexperte Gerald Karner, „wird man Gaddafi langfristig nicht besiegen können“ (siehe Interview).

Kein klarer Plan für die Zeit nach den Luftangriffen
Bodentruppen oder massive logistische Unterstützung der Gaddafi-Gegner bräuchte es, sagen die Experten. Dazu müsste sich die Allianz aber von ihrem schwammig formulierten Kriegsziel verabschieden, sich zu einem klaren Einsatzplan für die nächsten Wochen oder gar Monate durchringen.

Bisher lehnte selbst Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy, der am massivsten die Luftschläge gegen Gaddafi forderte, den Einsatz von Bodentruppen entschieden ab. Gleichzeitig mehren sich aber Gerüchte, wonach längst Ausbildner der französischen Fremdenlegion in Bengasi an der Zusammenstellung einer schlagkräftigen Rebellen­armee arbeiten. Laut ostlibyschem Nationalrat, dem Gegenparlament der Gaddafi-Gegner, verfügen die Aufständischen derzeit aber nur über rund 2.000 eigene Milizionäre: „Damit ist ein Sturm auf die Hauptstadt Tripolis wohl nicht möglich“, sagt Militärexperte Karner. Für die Ausbildung einer schlagkräftigen Truppen bräuchte man mehr Zeit. Das hat inzwischen auch Sarkozys Generalstabschef Édouard Guillaud eingesehen, ein Admiral: „Ich hoffe, dass es keine Monate werden“, sagte er am Freitag in Paris.

Karner: "Rebellen brauchen Waffen"

ÖSTERREICH: Wird der Krieg gegen Gaddafi zu einem Flop?
Gerald Karner: Sollte es nicht gelingen, die Rebellen entscheidend zu verstärken, kann die Mission auch zu einem Flop werden. Die UNO-Resolution sieht nämlich keine Bodentruppen vor. Luftangriffe allein können Gaddafi bloß schwächen, nicht aber seine Truppen völlig vernichten. Technik ist nicht der entscheidende Punkt.

ÖSTERREICH: Was muss nun geschehen?
Karner: Die Regimegegner stärken. Mit Mut und Euphorie kann kein Krieg gewonnen werden. Die Gaddafi-Gegner bräuchten Ausbildner, Waffen, klare Kommandostrukturen, darüber wurde aber bisher nie offen gesprochen.

ÖSTERREICH: Ist der Tod Gaddafis das Kriegsziel?

Karner: Ein Umsturz ist das Kriegsziel. Das aber ist das Dilemma. Freiwillig wird Gaddafi nicht gehen, direkte Attacken gegen ihn sind angeblich nicht geplant. Man würde aber seinen Tod als sogenannten Kollateralschaden durchaus in Kauf nehmen – schließlich wurde seine Residenz in Tripolis bereits mehrmals bombardiert, das geschah sicher nicht unabsichtlich.

ÖSTERREICH: Welche Rolle spielt der Rückzug der USA?
Karner: Keine, solange am Boden nichts geschieht. Für Luftüberwachung haben Franzosen und Briten genug Mittel.
 

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