Gegen Ergebnis

Mehrere Tote bei Protesten nach Haiti-Wahl

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Der gescheiterte Sänger Michel Martelly ruft Anhänger zur Ruhe auf.

In Haiti hat die Bekanntgabe des Ergebnisses der von Betrugsvorwürfen und Gewalt überschatteten Präsidentenwahl am Mittwoch zu heftigen Protesten und Ausschreitungen geführt. Vier Menschen kamen dabei ums Leben. Besonders betroffen war die Stadt Cayes im Süden des Karibikstaates, wo 90 Prozent der Verwaltungsgebäude in Brand gesteckt wurden. In der Hauptstadt Port-au-Prince demonstrierten Tausende Menschen gegen das knappe Ausscheiden des populären Sängers Michel Martelly in der ersten Wahlrunde. Dort stand die Zentrale der regierenden Einheits-Partei Augenzeugenberichten zufolge eine Stunde lang in Flammen.

Schüsse
Demonstranten berichteten, Sicherheitskräfte hätten auf Menschen geschossen, die die Zentrale der Partei von Präsident Rene Preval angegriffen hätten. Über Verletzte wurde jedoch nichts bekannt. Mehrere Löschzüge waren im Einsatz, um die Flammen in den Griff zu bekommen. In der Stadt Cap-Haitien kam bei Auseinandersetzungen zwischen Anhängern des zweitplatzierten Regierungskandidaten Jude Celestin und dem knapp drittplatzierten Martelly ein junger Demonstrant durch Schussverletzungen ums Leben, zweite weitere Menschen erlitten Schussverletzungen.  In Mirebalais im Zentrum des Landes seien drei Menschen ebenfalls durch Kugeln verletzt worden. In der Stadt Cayes starben nach Angaben des Ex-Senators Gabriel Fortune drei Menschen durch Schüsse.

 Der amtierende Präsident Rene Preval rief die Kandidaten dazu auf, die Proteste einzustellen. Bei einer live übertragenen Radioansprache sagte er, die Bürger litten wegen des angerichteten Schadens. Zudem wies Preval Vorwürfe der Wahlfälschung zurück. Martelly rief seine Anhänger in einer Radioansprache zur Ruhe auf. "Der Wahlrat hat das Land mit seinen fehlerhaften Ergebnissen in eine Krise gestürzt", sagte der Sänger. Auch internationale Beobachter würden anerkennen, "dass diese Ergebnisse nicht richtig sind". Daher verstehe er die Wut seiner Anhänger. Demonstrationen seien ein Bürgerrecht. "Doch ich bitte darum, dass ich euch bei euren Provokationen in acht nehmt."

Wegen der Proteste wurden am Mittwoch alle Flughäfen des Landes geschlossen. Zuvor hatte die US-Fluggesellschaft American Airlines ihre Flüge von und nach Haiti ausgesetzt. Eine Unternehmenssprecherin erklärte, Flughafenbeschäftigte hätten es am Mittwoch wegen der Demonstrationen nicht geschafft, zur Arbeit zu kommen.

Martelly gescheitert
Grund für die Proteste war die Bekanntgabe der vorläufigen Wahlergebnisse, wonach sich die frühere First Lady Mirlande Manigat und der Regierungskandidat Celestin für die Stichwahl am 16. Jänner qualifiziert haben. Martelly lag den offiziellen Zahlen zufolge nur 6.800 Stimmen - weniger als ein Prozent - hinter Celestin. Der als "Sweet Micky" bekannte Sänger hatte erklärt, er werde keinen Platz in einer Stichwahl mit Celestin annehmen. Doch dazu könnte es kommen, sollte die Wahlkommission dem Vorschlag der Organisation Amerikanischer Staaten - Karibische Gemeinschaft (OAS-Caricom) folgen, bei fast gleichem Stand drei Kandidaten zur Stichwahl zuzulassen.

Anhänger Martellys forderten, ihr Favorit solle Präsident werden. Etwas anderes würden sie nicht akzeptieren, sagte der Demonstrant Frances Odis. "Sonst werden wir dieses Land in Brand setzten." Tausende Unterstützer Martellys versammelten sich in den Straßen, wo sie politische Lieder sangen und "Micky" riefen.

Die erste Runde der Wahl am 28. November war chaotisch. Fast alle Kandidaten warfen Präsident Preval und der Wahlbehörde Betrug vor und erklärten, der Amtsinhaber wolle die Abstimmung zugunsten Celestins beeinflussen. Bei Zusammenstößen zwischen Anhängern rivalisierender Kandidaten gab es mehrere Tote. Bei der Auszählung wurden klar manipulierte Strichlisten entdeckt.

Niedrige Wahlbeteiligung
Den vorläufigen Wahlergebnissen zufolge fiel die Wahlbeteiligung niedrig aus. Von den rund 4,7 Millionen registrierten Wählern gaben nur eine Million eine gültige Stimme ab. Wie viele abgegebene Stimmen wegen Betrugsverdacht nicht gezählt wurden, war nicht bekannt. UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon sagte, die Probleme mit der Wahl seien größer als erwartet gewesen. Die Friedensmission der OAS-Caricom erklärte aber, die Probleme machten die Wahl nicht ungültig.

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