Aus der aktuellen Debatte über eine mögliche allgemeine Corona-Impfpflicht will sich die scheidende deutsche Bundesregierung heraushalten.
Diese Diskussion über eine etwaige Impfpflicht sei jetzt aufgekommen, da deutlich geworden sei, dass man mit Aufklärung und Werben für die Impfung allein nicht weiterkomme, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin.
In Hinblick auf die für übernächste Woche geplante Bildung einer neuen Regierung fügte er hinzu: "Eine Entscheidung darüber gibt es jetzt nicht und sie würde auch von dieser Bundesregierung nicht mehr gefällt."
Aus verfassungsrechtlicher Sicht sei eine solche Verpflichtung vorstellbar, sagte ein Sprecher des deutschen Justizministeriums. Diese bedürfte allerdings einer gesetzlichen Grundlage und eine entsprechende Regelung müsste auch "verhältnismäßig ausgestaltet sein". Hinzu kämen medizinische Fragen, die in einer anderen Bundesregierung dann vom Gesundheitsministerium geklärt werden müssten.
Lauterbach: "Auf keine Fall ausschließen"
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagte am Sonntagabend in der Sendung "Die richtigen Fragen" des TV-Senders Bild: "Ich würde das auf keinen Fall mehr ausschließen und tendiere dazu zu sagen: Das hilft uns jetzt nicht akut, aber wir müssen uns einer Impfpflicht nähern."
Auf Twitter schrieb Lauterbach, die derzeitige Coronapolitik in Deutschland sei "erfolglos. Zu spät wurde reagiert auf 1. zu niedrige Impfquote 2. Wirkverlust der Impfung 3. Hyper R-Wert von Delta im Innenraum- Jetzt hilft nur radikal 2G/2G+. Auch allgemeine Impfpflicht kein Tabu."
Auch Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) kann sich laut dpa angesichts der stark steigenden Corona-Zahlen eine allgemeine Impfpflicht vorstellen. "Ich war immer eigentlich ein Gegner einer Impfpflicht", sagte er Montagfrüh dem Deutschlandfunk. "Ich glaube aber inzwischen, (...), dass wir relativ schnell über dieses Thema sprechen müssen." Eine Impfpflicht werde nicht heute und morgen helfen, aber sie sei der Weg aus der Pandemie. "Ich persönlich bin inzwischen als Ultima Ratio tatsächlich für diese allgemeine Impfpflicht." Darüber müsse relativ schnell in Berlin gesprochen werden - es brauche eine bundeseinheitliche Lösung.
Zuletzt hatten sich mehrere Unionsvertreter offen für eine Impfpflicht gezeigt, darunter der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther (CSU) und Bayerns Regierungschef Markus Söder (CSU). Der Präsident des Robert Koch-Instituts, Lothar Wieler, äußerte sich abwägend. Die Impfpflicht sei "ein Mittel, und da bin ich ganz bei der (Weltgesundheitsorganisation) WHO, das wir alle nicht wollen", sagte er am Sonntagabend im ZDF-"Heute-Journal".