Rechte und linke Demonstranten versammelten sich auch am Dienstag vor dem Landtag in Dresden.
Nach den neuen gewaltsamen Ausschreitungen in Chemnitz entsenden Polizei und sächsische Landesregierung mehr Beamte in die Stadt. Die Zahl der Polizisten vor Ort werde sich in den kommenden Tagen und Wochen "deutlich erhöhen", sagte Landespolizeipräsident Jürgen Georgie am Dienstag vor Journalisten in Dresden.
Vor den bereits angekündigten weiteren Veranstaltungen werde die Situation neu bewertet werden. Genaue Zahlen nannte Georgie allerdings nicht.
Auch am Dienstag wieder Demos in Sachsen
In Chemnitz war es am Montagabend zu Auseinandersetzungen zwischen Rechten und Linken gekommen, bei denen mehreren Menschen verletzt wurden. Bereits seit Sonntag gibt es Demonstrationen in der Stadt.
Dabei waren auch gewaltbereite Rechtsextreme, es kam zu Angriffen auf Ausländer. Auslöser der Ereignisse war ein Tötungsdelikt an einem 35-jährigen Deutschen in der Nacht zum Sonntag. Zwei Männer aus Syrien und dem Irak sitzen deswegen in Untersuchungshaft.
Auch am Dienstag versammelten sich wieder rund 70 Rechtsradikale vor dem sächsischen Landtag in Dresden und protestierten. Rund 200 Personen nahmen an einer Gegendemo teil. Bisher sind keine gewaltsamen Zwischenfälle bekannt.
16:00 Vor dem @sax_lt haben sich heute etwa 60-70 Rechtsradikale zu einer vermeintlichen 'Mahnwache' anlässlich der Ermordung eines Deutschen am vergangenen Wochenende in #Chemnitz versammelt (s. Fotos). Etwa 200 Personen protestieren dagegen. #dd2808 pic.twitter.com/pIAl36ggOc
— Straßengezwitscher (@streetcoverage) August 28, 2018
Özdemir stellt Strafanzeigen wegen Hitlergruß
Ex-Grünen Chef Cem Özdemir hat nach den Ausschreitungen in Chemnitz wegen des dort mehrfach gezeigten Hitlergrußes Strafanzeigen gegen unbekannt gestellt. "Dass die selbst ernannten 'besorgten Bürger' blindlings Nazis hinterherlaufen, ist schlimm genug", sagte Özdemir am Dienstag der "Welt".
"Aber dass in Chemnitz nun auch Hetzjagden auf Menschen gemacht und der Hitlergruß vor den Augen von Polizei und ganz offen in die Kamera gezeigt wird, das hat mich entsetzt." Für "Selbstjustiz" gebe es keine Rechtfertigung. "Diesem Aufkeimen von 'Selbstjustiz' und dieser geschichtsvergessenen Volksverhetzung muss sich die wehrhafte Demokratie entschlossen entgegenstellen und all ihre Rechtsmittel ausschöpfen", fügte Özdemir hinzu. Nur so werde für jeden unmissverständlich klar, wer für die öffentliche Sicherheit zuständig sei: "Der Staat, und zwar ausschließlich der Staat."
Özdemir sagte weiter, die Politik - vor allem der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) - müsse sich jetzt einige Fragen gefallen lassen, zum Beispiel warum in der zweiten Demonstrationsnacht nicht ausreichend Beamte nach Chemnitz geschickt worden seien.
Der Grünen-Politiker übte zudem Kritik an Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). "Statt Hinweise auf ein strukturelles Problem mit Rechtsextremismus regelmäßig als Sachsen-Bashing abzutun", sollten der Heimatminister und Kretschmer das Thema "endlich ernsthaft angehen".
Merkel verurteilt Krawalle als inakzeptabel
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat die neuerlichen Ausschreitungen in Chemnitz als inakzeptabel verurteilt. "Was wir (...) gesehen haben, darf in einem Rechtsstaat keinen Platz haben", sagte die CDU-Vorsitzende am Dienstag in Berlin mit Blick auf die Krawalle in Chemnitz am Montagabend.
Die Polizei habe alles unternommen, "um die Dinge vernünftig zu Ende zu bringen", sagte sie vor dem Hintergrund massiver Kritik an den Sicherheitskräften. Es sei gut, dass Bundesinnenminister Horst Seehofer dem Bundesland Sachsen Hilfe zur Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung angeboten habe.
"Hetzjagden", "Zusammenrottungen", "Hass auf der Straße - das hat mit unserem Rechtsstaat nichts zu tun", sagte Merkel am Dienstag in Berlin. "Es darf auf keinem Platz und auf keiner Straße zu solchen Ausschreitungen kommen", fügte sie hinzu.
Zuvor hatte bereits Regierungssprecher Steffen Seibert "Hetzjagden" auf Ausländer in der sächsischen Stadt "auf das Schärfste" verurteilt. Es dürfe keine "Selbstjustiz" geben, sagte er am Montag.