Nach Mega-Manöver:

NATO spricht Warnung gegenüber Russland aus

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Bündnisländer vermuten während Übung auch Einsatz von Cyber-Waffen.

Die NATO hat Russland angesichts der jüngsten Spannungen wegen eines Großmanövers an ihrer Ostgrenze vor gefährlichen Missverständnissen gewarnt. Wenn Moskau keine verlässlichen Angaben zu Art und Umfang solcher Übungen mache, wachse das Risiko von Zwischenfällen, die "außer Kontrolle geraten" könnten, sagte Bündnis-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Donnerstag in Brüssel.

Auch Vorwürfe, Russland habe während des Manövers "Cyber-Waffen" eingesetzt, zeigten die Notwendigkeit von Transparenz. Russland hatte Mitte September die einwöchige Übung "Sapad 2017" zusammen mit Weißrussland abgehalten. Moskau zufolge nahmen an ihr 12.700 russische und weißrussische Soldaten teil. Die Zahl würde damit knapp unter der Schwelle liegen, ab der nach internationalen Vereinbarungen der NATO ein umfassender Zugang von Beobachtern gewährt werden müsste.

Die NATO geht jedoch von deutlich höheren Zahlen aus. Baltische Bündnismitglieder sprechen von etwa 100.000 Teilnehmern, andere Schätzungen sprechen von 40.000 bis 80.000 Soldaten. Die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hatte im September von einer "Machtdemonstration" Moskaus gesprochen, Frankreich von einem "Einschüchterungsversuch".

Das Manöver war nun Thema im NATO-Russland-Rat, der auf Botschafterebene im Hauptquartier der Allianz stattfand. Mehrere Bündnismitglieder hätten dabei die russische Seite mit den "Diskrepanzen" zwischen den offiziellen Zahlen und den beobachteten Soldaten während des Manövers konfrontiert, sagte Stoltenberg. Aus Sicht der NATO-Staaten seien auch "das Szenario und die geografische Reichweite der Übung von dem abgewichen, was vorher angekündigt worden war".

Während der Übung hatte es aus den baltischen Staaten auch Berichte über den möglichen Einsatz von "Cyber-Waffen" und die Störung von Kommunikationsnetzen gegeben. Stoltenberg bestätigte, dass mehrere Alliierte darüber berichtet hätten. Er warnte vor "ernsthaften Auswirkungen solcher Aktivitäten".

Auch Vermutungen, Moskau habe nach der Übung nicht alle Soldaten aus Weißrussland wieder abgezogen, wurden angesprochen. Darauf habe das Bündnis allerdings bisher "keinerlei Hinweise", sagte Stoltenberg.

Der russische NATO-Botschafter Alexander Gruschko wies die Vorwürfe zu falschen Angaben zu "Sapad" zurück. Dies sei "Propaganda" und es gebe "keinen Beweis" dafür, sagte er. Die Vorwürfe zielten nur darauf, "Sapad' zu dämonisieren".

Der "Spiegel" berichtete unterdessen, Moskau wolle die "Sapad"-Manöver nun häufiger abhalten. Statt alle vier Jahre plane Russland derartige Großübungen nun alle zwei Jahre, berichtete das Magazin unter Berufung auf ein vertrauliches Briefing des russischen Militärattachés in Berlin. Stoltenberg sagte dazu, Russland habe die NATO am Donnerstag nicht über die Änderung informiert.

Vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit "Sapad" forderte Stoltenberg Russland auf, mit der NATO an einer Reform des sogenannten Wiener Dokuments zu arbeiten. Es regelt die Informationspflichten bei Manövern und die Zulassung von Beobachtern. Hier gebe es noch "Schlupflöcher" bei kurzfristig angesetzten Manövern, sagte der Generalsekretär. Deshalb habe die NATO für die Beobachtung solcher Übungen Vorschläge unterbreitet.

Wegen der Ukraine-Krise waren die Gespräche im NATO-Russland-Rat fast zwei Jahre ausgesetzt gewesen. Erst im April 2016 wurden sie wieder aufgenommen. Das Treffen am Donnerstag war das dritte in diesem Jahr.
 

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