Aktivistin Nadia Murad

Nobelpreis für stärkste Frau der Welt

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Ihre Familie wurde ermordet, sie selbst als Sex-Sklavin gehalten: Nadia Murad erhält den Friedens-Nobelpreis.

Nach dem pakistanischen Mädchen Malala ist ­Nadia Murad die zweit­jüngste Friedensnobelpreisträgerin. Malala war 17.

Nadia stammt aus dem Irak, sie ist Jesidin. Heute ist sie 25. Sie war erst 19, als 2014 Killer der Terrormiliz IS in ihr Heimatdorf Kocho im nordirakischen Sindschar-Gebirge einfielen. Ihre Mutter wurde ermordet, auch ­ihre sechs Brüder und 44 Verwandte. Nadia und 150 andere Mädchen aus dem Dorf wurden verschleppt, mit Bussen nach Mossul gebracht, am Markt der Stadt wie Vieh verkauft. Als Sex-Sklavin und Geschenk und Lohn für „besonders mutige Islam-­Fanatiker“. Sie musste Massenvergewaltigungen über sich ergehen lassen: „Schon auf dem Weg nach Mossul bedrängten sie uns. Sie demütigten und berührten uns, sie waren Monster.“

Nadia: Sie wurde von Mann zu Mann weitergereicht

Drei Monate dauert für Nadia das Martyrium. Sie wird von Mann zu Mann gereicht, sie muss sich zurechtmachen, bevor sie vergewaltigt wird. Nur mit Glück und unvorstellbarem Mut gelingt ihr letztlich die Flucht. Zuerst in ein Flüchtlingslager.

Mit einem Sonderkontingent für besonders schutzbedürftige Frauen und Kinder kommt sie nach Baden-Württemberg in Deutschland.

Nadia Murad hätte vor Scham schweigen können. Sie tut es nicht. Vom ersten Tag an macht sie es zu ihrer Aufgabe, Stimme der Tausenden verschleppten, missbrauchten und getöteten Frauen im Irak zu werden. Sie will, dass die IS-Mörder angeklagt, die Verbrechen an den Jesiden als Völkermord anerkannt werden.

Amal Clooney hilft ihr als Menschrechts-Anwältin

Kampf. Menschrechtsanwältin Amal Clooney unterstützt sie dabei. Nadia schreibt ein Buch, wird UN-Sonderbotschafterin, tritt mit einer unglaublich bewegenden Rede vor der UNO auf. Im Mai war sie auch in Wien bei der Antiterrorismuskonferenz, sprach über sexuelle Gewalt als Kriegswaffe. Kanzler Kurz: „Es ist erschütternd, wenn ich daran denke, welch unvorstellbares Leid sie unter den IS-Barbaren mitmachen musste. Umso wichtiger ist ihr unermüdliches Engagement gegen den IS“, so Kurz.

Denis Mukwege
© APA/AFP/FREDERICK FLORIN

Murad teilt sich Nobelpreis mit Arzt Denis Mukwege aus dem Kongo

Murad und Muk­wege werden für ihren Einsatz gegen sexuelle Gewalt als Waffe in Kriegen und bewaffneten Konflikten ausgezeichnet. Mukwege (63) gilt als führender Experte für die Behandlung von Verletzungen durch Gruppenvergewaltigungen und als Aktivist gegen sexuelle Gewalt.

1990 hat er – nach drei Jahren Bürgerkrieg in seinem Heimatland DR Kongo – eine Krankenstation für vergewaltigte Kriegsopfer eröffnet. Damals galt es als Tabu, sexuelle Gewalt überhaupt zum Thema zu haben. Seitdem behandelte er über 50.000 Frauen und Kinder.

Für seinen Einsatz hat er bereits den alternativen Nobelpreis erhalten.

Karl Wendl

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