Noch heuer am Markt?

Deutscher Corona-Impfstoff vor Zulassungsantrag

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"Wahrscheinlich werden wir mit den ersten Produkten 2020/2021 den Markt erreichen", kündigte der Mitbegründer des Unternehmens an.

Wenn die Informationen aus der klinischen Prüfung zu dem mRNA-Impfstoff gegen SARS-CoV-2-Infektionen des deutschen Unternehmens BioNTech erfolgversprechend sind, könnte es schnell gehen. "Die europäische Arzneimittelagentur EMA hat ein Rolling-Review-Verfahren eingeleitet. Mitte November könnten wir auch bei der US-FDA um die Zulassung einreichen", sagte BioNTech-Mitbegründer Christoph Huber Mittwochabend bei den Praevenire-Gesundheitstagen im Stift Seitenstetten (NÖ).

Die EMA setzt - genauso wie die FDA - auf eine möglichst schnelle Zulassung von ausreichend getesteten SARS-CoV-2-Vakzinen. "Rolling Review heißt, dass wir nicht eine Wagenladung an Dokumenten in einem an die EMA liefern, sondern dass die Informationen laufend an die Behörde gehen. Wir hatten in der vergangenen Woche bereits 36.000 Probanden in unsere doppelt-blinden randomisierten Phase-III-Studien aufgenommen. Ich schätze, dass wir, wenn die Protektionsrate deutlich über 50 Prozent liegt, in die Zulassung gehen", sagte Huber.

BioNTech (Mainz) arbeitet dabei in einem 50-zu-50-Joint-Venture mit dem US-Pharmakonzern Pfizer. Die Vakzine für die klinischen Prüfungen wurden mit der Hilfe des in Klosterneuburg angesiedelten Biotech-Unternehmens Polymun produziert. "In einer Phase I/II-Studie haben wir eine massive Immunantwort durch die Vakzine gesehen", erklärte der Biotech-Forscher. Es sei zu einer deutlich höheren Konzentration schützender Antikörper bei den Probanden gekommen als nach einer "natürlichen" SARS-CoV-Infektion. Zusätzlich hätte man auch eine spezifische Immunantwort der CD4-positiven Helferzellen und der CD8-Immunzellen bemerkt.

Die Vakzine besteht aus in Liposomen eingeschlossenen mRNA-Bruchstücken, welche das immunologisch für das menschliche Abwehrsystem Ausschlag gebende Spike-Oberflächenprotein von SARS-CoV-2 kodieren. Diese mRNA führt zur Produktion des ungefährlichen, gesamten Spike-(S-)Proteins des Coronavirus in menschlichen Zellen, worauf eine Immunantwort in Gang kommt. Bei den Wirksamkeits- und Verträglichkeitsstudien werden zwei Immunisierungen mit je 30 Mikrogramm der Vakzine verabreicht.

An sich kommt die Technik aus den Forschungen nach einer Krebsvakzine. "Durch diese Technologie kommt es zu einem Paradigmenwechsel. Die eherne Grundfeste, dass Impfstoffe 'nur' prophylaktisch und nicht therapeutisch wirken, beginnt zu wanken", sagte Huber.

Das Mainzer Unternehmen hat beispielsweise zwei verschiedene Krebsvakzine in Entwicklung, die bei Melanompatienten bereits erprobt worden sind. Eine verwendet fünf "fixe" mRNA-Bruchstücke für immunologisch wirksame Antigene von Melanomzellen. Bei der zweiten Strategie wird durch genaueste Sequenzierung des Genoms von Tumorzellen individueller Patienten die Basis für die Formulierung einer für den einzelnen Kranken maßgeschneiderten Krebsvakzine geschaffen.

"Wahrscheinlich werden wir mit den ersten Produkten 2020/2021 den Markt erreichen", kündigte Huber. Als Anfang dieses Jahres plötzlich die SARS-CoV-2-Pandemie ausgebrochen sei, hätte man sich schnell entschlossen, die mRNA-Technik für die Entwicklung des Covid-19-Impfstoffes zu verwenden.


 

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