Intelligenz und Ehrgeiz - diese Eigenschaften halfen dem 1939 im ostpolnischen Wierzchowiska geborenen Stanislaw Wielgus bei seiner Karriere in der polnischen Kirche und führten wohl auch zu seinem demütigenden Fall.
Der Sohn einer armen Bauernfamilie, Theologieprofessor und Spezialist für mittelalterliche Philosophie ist durch seine Verstrickung in Kontakte mit dem früheren kommunistischen Geheimdienst so in die Kritik geraten, dass ihm angesichts des öffentlichen Drucks am Sonntag nur noch der Rücktritt von seinem gerade erst angetretenen Amt als Erzbischof von Warschau blieb.
Wielgus, der in Lublin Theologie studierte und 1962 die Priesterweihe erhielt, arbeitete zunächst als Studentenseelsorger, begann aber bereits 1969 eine wissenschaftliche Laufbahn an der Katholischen Universität Lublin. Von 1973 an war er jahrelang Stipendiat der Humboldt-Stiftung an der Münchner Universität. Dass er überhaupt einen Reisepass und damit eine Ausreiseerlaubnis erhielt, verdankte er dem kommunistischen Geheimdienst.
Kurz vor seiner Ausreise unterzeichnete Wielgus, wie nun bekannt wurde, eine Verpflichtungserklärung und erhielt von Geheimdienstoffizieren Instruktionen, polnische Geistliche in Deutschland auszuspähen. Er selbst erklärte seine Unterschrift mit dem Wunsch, der Kirche durch seine akademischen Leistungen dienen zu wollen.
Nach der Rückkehr aus Deutschland setzte Wielgus seine akademische Karriere fort. Von 1989 bis 1998 war er Rektor der Katholischen Universität Lublin. Im Mai 1999 setzte ihn Papst Johannes Paul II. als Bischof von Plock ein, diesen Posten hatte er bis zur Berufung auf die Nachfolge vor Kardinal Jozef Glemp als Erzbischof von Warschau inne. Im polnischen Episkopat gilt Wielgus als Vertreter des konservativen Flügels, der unter anderem auch den umstrittenen Rundfunksender Radio Maryja des Redemptoristenpaters Tadeusz Rydzyk verteidigte.