USA-Report von Herbert Bauernebel

Obama: Die Biografie eines Präsidenten der Herzen

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Der Ex-Präsident über seine Erfahrungen mit Trump, seine Ehe und bin Ladens Ende.

Historisch. Mit der Hand hatte er seine Erlebnisse niedergeschrieben, fein säuberlich auf linierten Schreibblöcken. Gedauert hat es über zwei Jahre länger als geplant. Aber das Warten hat sich gelohnt: Ex-Präsident Barack Obama liefert in seinen Memoiren „Ein verheißenes Land“ eine fesselnde Erzählung seines märchenhaften Aufstiegs zum historischen ersten Afroamerikaner im Oval Office. Mit Humor beschreibt er Familien-Dramen, mit Leidenschaft die Machtkämpfe zur Durchsetzung seiner Agenda. Wie in einem Thriller ist die Tötung von Al-Kaida-Terrorchef Osama bin Laden bei einer Navy-SEALs-Kommandoaktion festgehalten.

Obama: Die Biografie eines Präsidenten der Herzen
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× Obama: Die Biografie eines Präsidenten der Herzen
Teil eins der Autobiografie. Barack Obama: "Ein verheißenes Land". Penguin. 43,20 Euro. 

Bestseller. 65 Millionen Dollar haben der Ex-Präsident und seine Frau Michelle an Vorschuss erhalten. Es hat sich ausgezahlt: Michelles Bio „Becoming“ (2018) wurde weltweit 14 Millionen Mal verkauft. Bei Baracks 750 Seiten dickem Wälzer waren es 890.000 Exemplare in 24 Stunden. Dabei ist es erst der erste Teil seiner Memoiren, am zweiten arbeitet er bereits.

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Happy First Family. Michelle wollte ihre Familie vor der Politik schützen. 

Obama führt zuerst durch seine Jugend und den raschen politischen Aufstieg zum demokratischen Hoffnungsträger. Nachzulesen ist ein „Stresstest“ für seine Ehe wegen seiner Ambitionen. Und dass er nach den Träumen von „Hope und Change“ bald gegen eine Wand des Widerstands prallt, angeführt von immer weiter nach rechts driftenden Republikanern. Wie ein „Tanzbär in einem Zirkuskäfig“ wäre er sich da oft vorgekommen. Die Höhepunkte des Bestsellers:

  • Trump spielt in Teil 1 der Bio nur einmal eine Rolle: als ihn Obama 2011 öffentlich bloßstellt. Trump hatte damals die rassistische „Birther“-Verschwörungstheorie verfolgt, wonach der Präsident in Kenia geboren wäre. Obama: „Millionen von Amerikanern, die von einem Schwarzen im Weißen Haus verschreckt waren, versprach er ein Elixier für ihre Rassenangst.“ Davor hatte er nur einmal mit Trump zu tun gehabt, als der damalige Immobilienunternehmer beim Stopfen des Öllochs in Golf von Mexiko nach dem Deepwater-Horizon-Desaster seine Hilfe angeboten hatte. Auch wollte Trump einen Ballsaal am Grundstück des Weißen Hauses bauen. Obama lehnte damals höflich ab. n Später beschreibt er den Schmerz nach der Machtübergabe an Trump 2017. Michelle und er hätten sich ausgelaugt gefühlt, „physisch und emotional“, vor allem durch das unerwartete Wahlergebnis, „als jemand, der all dem, wofür wir stehen, diametral widerspricht, zu meinem Nachfolger gewählt worden war“. Die republikanische Vize-Kandidatin Sarah Palin, der Aufstieg der „Tea Party“ und Fox News wären die „Vorzeichen“ der Trump-Ära gewesen. 
  • Überraschend: Joe Biden, damals Senator, hätte sich geziert, als ihn Obama zum „Running Mate“ (Vizekandidaten) machen wollte. Biden argumentierte, dass der Vize-Posten ein „Abstieg“ für ihn sein könnte. Er wollte ungern die „zweite Geige“ spielen.

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Buddies. Obama und Biden wurden in 8 Jahren Amtszeit Freunde.
  • Während Obama das Antreten bei der Wahl überlegte, brachte ihn seine Frau unter Druck. Ihre direkte Frage: „Warum willst du Präsident werden?“ Seine Antwort war inspirierend: „Ich weiß, dass an dem Tag, an dem ich meine rechte Hand hebe und den Eid als Präsident ablege, die Welt anfangen wird, Amerika anders zu betrachten. Ich weiß, dass Kinder überall in diesem Land – schwarze Kinder, hispanische Kinder, Kinder, die nicht hineinpassen – sich selbst auch anders sehen werden, dass ihre Möglichkeiten erweitert werden.“

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Five Presidents. Bush sen., Obama, Bush jun., Clinton und Carter.
  • Obama verbreitet sich auch über schwierige Phasen in seiner Ehe: Michelle hätte ihm Egoismus vorgeworfen, da sie Politik hasste, weil dadurch die „Familie ins Rampenlicht gerückt“ werde. Diese Spannungen wären nie ganz verschwunden, sie köchelten weiter in ihr „wie das leise Vibrieren einer versteckten Maschine“. Und er beklagt, dass die „leichteren, fröhlicheren Tage in ihrer Beziehung vielleicht für immer verschwunden sind“.
  • Wenig schmeichelhaft sind Obamas Beobachtungen anderer Staatschefs: Kremlchef Wladimir Putin fand er „körperlich wenig beeindruckend“. Frankreichs damaliger Präsident Sarkozy hätte „seine Brust rausgestreckt wie ein Gockel“.

Obama lockert die Lektüre auch mit deftigen Passagen auf. Wegen der Kritik auch aus der eigenen Partei, dass er das Deepwater-Ölloch nicht längst gestopft hätte, schreibt er: „Was sollte ich tun? Meine verdammte Aquaman-Ausrüstung anziehen und selbst mit einem Schraubenschlüssel da runterschwimmen?“ Als er 2009 unterrichtet wird, den Friedensnobelpreis erhalten zu haben, ist seine erste Reaktion: „Wofür?“

Und er beschreibt auch die schwerste Entscheidung seiner Amtszeit: Sollte er die Kommandoaktion gegen bin Laden autorisieren? Außenministerin Hillary Clinton war 51 zu 49 Prozent dafür, hält Obama fest, Biden dagegen und er selbst „so 50 zu 50“.

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Obama kämpfte für Joe Biden und Kamala Harris im Wahlkampf. 

Trotzdem sagte er „GO“. Es war die richtige Entscheidung.

Herbert Bauernebel

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