US-Wahlen

Obama droht "lahme Ente" zu werden

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Republikaner könnten mit dem Senat auch die zweite Kammer gewinnen.

Zwei Wochen vor den US-Kongresswahlen stehen die Chancen der Demokraten, zumindest ihre knappe Mehrheit im Senat zu retten, immer schlechter: Die Wahrscheinlichkeit, dass die Republikaner nach dem Repräsentantenhaus auch die zweite Kammer des US-Parlaments unter ihre Kontrolle bringen können, wird von den Meinungsforschern in unterschiedlichen Rechenmodellen zwischen 67 und 93 Prozent angesiedelt.

Lieber ohne Obama
Präsident Barack Obama, der in den letzten Jahren ohnehin bereits immer mehr politischen Handlungsspielraum eingebüßt hat, würde in diesem Fall wohl zur ultimativen "lame duck". Trotzdem sieht und hört man ihn kaum die Wahlkampftrommel rühren - weil viele Demokraten derzeit lieber ohne ihre einstige Lichtgestalt um Abgeordnetenmandate, Senatssitze oder Gouverneursposten kämpfen.

Kein Wunder: Die Umfragewerte Obamas dümpeln seit Monaten in kaum gekannten Tiefen, er beschränkt sich daher weitgehend auf das Sammeln von Wahlkampfspenden und meidet Staaten, in denen demokratische Kandidaten hart zu kämpfen haben - weil die lieber nicht mit ihm gesehen werden wollen. Mehrere demokratische Senatoren, deren Wiederwahl unsicher ist, distanzierten sich im Wahlkampf überhaupt von ihm - und als skurriler Höhepunkt drückte sich die demokratische Senatskandidatin in Kentucky sogar wiederholt um die Antwort auf die Frage, ob sie Obama gewählt hat. "Paria-Präsident" nannte ihn jüngst die "Washington Post" in einem Kommentar, seitdem schwirrt das peinliche Etikett durch die gesamte US-Medienlandschaft.

Tiefe Unzufriedenheit

Die politische Gemütslage der USA ist von tiefer Unzufriedenheit geprägt - und das bekommen traditionell der Präsident und seine Partei zu spüren. Ob es Obamas Lieblingsprojekt, die Krankenversicherung für alle, ist, die, für Europäer kaum nachvollziehbar, von weiten Teilen der Bevölkerung abgelehnt wird, die Wirtschaft, deren zarter Aufschwung von der Bevölkerung noch kaum wahrgenommen wird, die auf der Stelle tretende Einwanderungspolitik oder der ebenso konsumierende wie undankbare Kampf gegen die Islamistenmiliz "Islamischer Staat" und das Ebola-Virus - dem Präsidenten war seit langem kein publikumswirksames Erfolgserlebnis vergönnt, ja nicht einmal ein Moment des politischen Durchatmens.

Die Republikaner streuen in ihrer Wahlwerbung lustvoll Salz in diese demokratischen Wunden und thematisieren das "Verräumen" des Präsidenten im Kongresswahlkampf - obwohl sie angesichts ihrer Umfragewerte eigentlich auch nichts zu lachen hätten: Kaum jemals hatte ein Kongress - für den die Republikaner mit ihrer massiven Mehrheit im "House" vorrangig stehen - solch desaströse Umfragewerte. Die Zustimmungsraten bewegen sich, seit die Republikaner getrieben vom erzkonservativen "Tea Party"-Flügel auf Fundamentalopposition zum Weißen Haus setzen, gerade noch im zweistelligen Bereich - und fallen gelegentlich auch schon mal darunter.

Republikaner fehlen 6 Sitze

Und dennoch: Um die Kontrolle über den Senat zu übernehmen, müssen die Republikaner den Demokraten sechs Sitze abnehmen. Den aktuellen Umfragen zufolge haben sie vier davon bereits so gut wie in der Tasche: In Montana, West Virginia, Louisiana und South Dakota liegen ihre Kandidaten deutlich vorne. In acht weiteren Staaten scheint das Rennen noch nicht entschieden - allerdings haben sechs davon die Demokraten zu verteidigen, wobei besonders ihre Senatssitze von Colorado, Alaska und Arkansas "wackeln". Alles scheint also derzeit den Republikanern in die Hände zu spielen.

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