Die Südkoreanerin ist die erste Frau, die alle Achttausender bestiegen hat.
Der Wettlauf in der Todeszone ist entschieden: Die südkoreanische Bergsteigerin Oh Eun Sun hat als erste Frau der Welt alle 14 Achttausender erklommen. Der koreanische Fernsehsender KBS zeigte am Dienstag live die Ankunft der 44-Jährigen auf dem Gipfel der 8.091 Meter hohen Annapurna in Nepal gegen 11.15 Uhr (MESZ). Den letzten Teil der steilen Strecke legte die Asiatin auf allen Vieren zurück.
Auf dem Gipfel hisste Oh Eun Sun bei minus 29 Grad die südkoreanische Flagge und brach vor Freude in Tränen aus. "Sieg!" rief die 44-Jährige in die Kameras. Mit der Flagge in der Hand warf sie jubelnd ihre Arme in die Höhe und rief "Hurra!" und "Danke, danke!"
Kaltenbrunner fehlen noch zwei Achttausender
Neben der Koreanerin
waren zuletzt zwei andere Frauen nahe an dem Rekord dran: Der Spanierin
Edurne Pasaban (36), die im April auf dem Annapurna-Gipfel stand, hätte nur
noch der Shisha Pangma (8.027 m) gefehlt. Die Oberösterreicherin Gerlinde
Kaltenbrunner (39) stand bereits auf zwölf der Bergriesen. Momentan ist sie
am Mount Everest (8.848 m) unterwegs, sonst fehlt ihr noch der K2 (8.611
Meter), den sie im Sommer in Angriff nehmen will. Als erster Mensch
überhaupt hatte der Südtiroler Reinhold Messner 1986 die Pionierleistung
aller 14 Besteigungen vollbracht.
Oh Eun Suns Rekordjagd gilt als umstritten, unter anderem weil sie bei ihren Expeditionen einen gewaltigen logistischen Aufwand betreibt und in dünner Luft zusätzlichen Sauerstoff benutzt. Die 44-Jährige ist erst vor wenigen Jahren in die Elite der Extrembergsteiger vorgestoßen. In zehn Jahren bestieg sie fünf Achttausender, weitere acht soll sie dann innerhalb von knapp 15 Monaten geschafft haben. Im vergangenen Jahr nährte ein unscharfes Gipfelfoto Zweifel, ob sie tatsächlich auf dem Kangchendzönga war. Mit Bilddokumenten müssen Alpinisten nachweisen, dass sie einen Berg bezwungen haben.
Keinen zusätzlichen Sauerstoff verwendet
Für den Aufstieg
zum Gipfel der Annapurna brauchte Oh Eun Sun dem TV-Bericht zufolge etwas
mehr als 13 Stunden. Sie habe keinen zusätzlichen Sauerstoff aus der Flasche
benutzt. Ein Hilfsmittel, das unter Puristen am Berg verpönt ist. Die
Rekordhalterin sei von drei Trägern und zwei Kameramännern begleitet worden.
Laut ihrem Sponsor "Black Yak" startete die 44-Jährige um 1.45 Uhr
(Ortszeit) Richtung Gipfel und kletterte vom zweiten Lager direkt zur
Station Nummer vier. Am Berg herrschten laut der Internetseite http://www.explorersweb.com
unwirsche Bedingungen: Am Gipfel blies Westwind mit einer Geschwindigkeit
von zwölf Metern pro Sekunde.
Südkoreas Präsident Lee Myung Bak gratulierte Oh Eun Sun aus Seoul zu der Leistung. "Diese Besteigung ist ein Sieg des Menschen und zeigt, was eine Herausforderung ist." Im Oktober 2009 hatte Oh, die 1,54 Meter groß ist und 50 Kilogramm wiegt, einen Versuch, auf den Hauptgipfel der Annapurna zu gelangen, wegen schlechten Wetters wenige Hunderte Meter vor dem Ziel abbrechen müssen. "Ich gab auf, weil ich auf einmal das unheimliche Gefühl hatte, dass mir oder einem meiner Begleiter etwas Schlimmes passieren könnte", erklärte sie vor einem Monat der Zeitung "Korea Times".