GERB deutlich vor liberaler Bewegung des im Juni gestürzten Ministerpräsidenten Petkow
Sofia. Die bürgerliche GERB des umstrittenen Ex-Premiers Bojko Borissow hat die bulgarische Parlamentswahl am Sonntag gewonnen. Dies zeigen Wählerbefragungen, die mit Schließung der Wahllokale am Abend veröffentlicht wurden. Demnach kommt die Borissow-Partei auf 24,6 beziehungsweise 25,5 Prozent der Stimmen. Die liberale Bewegung "Wir setzen den Wandel fort" (PP) des im Juni gestürzten Regierungschefs Kiril Petkow erhielt demnach 18,9 bzw. 19,9 Prozent der Stimmen.
Petkow war im Juni nach nur sieben Monaten im Amt durch ein Misstrauensvotum gestürzt worden. Er war im Vorjahr nach einem Protestvotum gegen den wegen zahlreichen Korruptionsaffären umstrittenen Langzeit-Regierungschef Borissow an die Macht gekommen.
Während Borissows GERB von den anderen Parteien gemieden wird, dürften die drei bisherigen Koalitionsparteien aus PP, Sozialisten (BSP) und der pro-europäischen Koalition "Demokratisches Bulgarien (DB) die Mehrheit im neuen Parlament klar verfehlen. Damit zeichnet sich eine Fortsetzung des politischen Stillstands im ärmsten EU-Staat ab.
Ins neue Parlament in Sofia ziehen nach der Befragung des Instituts "Alpha Research" sieben Parteien ein. Eine achte Formation könnte knapp an der Vier-Prozent-Hürde scheitern. Vom Institut Gallup wird diese - die erst im Mai gegründete konservative pro-russische Partei "Bulgarischer Aufschwung" - jedoch auch noch im Parlament gesehen.
14,4 Prozent für Partei der türkischen Minderheit DPS
Überraschend gut ist das Ergebnis für die liberale Partei der türkischen Minderheit DPS: Mit 14,4 Prozent ist sie drittstärkste Kraft geworden. Mit 10,2 Prozent stürzen die mitregierenden Sozialisten auf Platz vier ab. Fast gleichauf - mit 10 Prozent - zieht die antieuropäische pro-russische Partei "Wazraschdane" (zu Deutsch: Wiedergeburt) ein, die im letzten Parlament die kleinste Fraktion stellte. Das pro-europäische Bündnis "Demokratisches Bulgarien" wurde von 7,9 Prozent der Bulgaren gewählt. Etwas überraschend ist, dass mit 4,2 Prozent auch die populistische Formation "Es gibt so ein Volk" (ITN) wieder ins Parlament einzieht. Die Partei des Fernsehstars Slawi Trifonow hatte den Sturz der Reformregierung herbeigeführt und dadurch viele Sympathien verspielt.
Beobachter sehen die Weichen für weitere vorgezogene Neuwahlen bereits gestellt. Das sich abzeichnende zersplitterte Parlament und das tiefe Misstrauen unter den größten Parteien lassen die Bildung einer Mehrheitskoalition nämlich unwahrscheinlich erscheinen.
GERB befindet sich weiterhin in politischer Isolation
Borissows GERB befindet sich weiterhin in politischer Isolation und wird von fast allen Gegnern für die grassierende Korruption im Land während ihrer mehr als zehnjährigen Regierungszeit verantwortlich gemacht. Eine Erweiterung der bisherigen Drei-Parteien-Koalition um weitere Kräfte gilt wegen der großen inhaltlichen Differenzen als unwahrscheinlich.
Die Wahlbeteiligung lag bei knapp 35 Prozent, was viel über die Politikverdrossenheit der Bulgaren nach eineinhalb Jahren politischer Instabilität aussagt.