Schweden

Physik-Nobelpreis für Nachweis von Einsteins Gravitationswellen

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Auszeichnung ist heuer mit rund 940.000 Euro dotiert.

Der Nobelpreis in Physik geht heuer zur Hälfte an Rainer Weiss und zur anderen Hälfte an Barry Barish und Kip Thorne. Das gab die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften am Dienstag in Stockholm bekannt. Die drei US-Forscher werden für den Nachweis der von Albert Einstein beschriebenen Gravitationswellen ausgezeichnet.

Gravitationswellen waren 1916 von Albert Einstein in der Allgemeinen Relativitätstheorie vorhergesagt worden. Im vergangenen Jahr wurde von Forschern um die nunmehrigen Preisträger am LIGO-Detektor (Laser Interferometer Gravitational-Wave Observatory) in den USA erstmals eine solche Welle nachgewiesen. Die Entdeckung galt als Sensation und wurde vielfach als nobelpreisträchtig eingeschätzt.

Da die Nobelstiftung die Preissumme gegenüber dem vergangenen Jahr um eine Million Schwedische Kronen erhöht hat, ist die Auszeichnung heuer mit neun Millionen Schwedischen Kronen (rund 940.000 Euro) dotiert. Übergeben wird der Preis alljährlich am 10. Dezember, dem Todestag des Stifters Alfred Nobel.

Im vergangenen Jahr ging die Auszeichnung an die drei in Großbritannien geborenen, in den USA tätigen theoretischen Physiker David Thouless, Duncan Haldane und Michael Kosterlitz. Sie wurden "für theoretische Entdeckungen topologischer Phasenübergänge und topologischer Materiephasen" ausgezeichnet.

Eine lange Suche nach Raum-Zeit-Störungen

Am 11. Februar 2016 war es so weit: 100 Jahre nachdem Albert Einstein im Rahmen seiner Allgemeinen Relativitätstheorie Gravitationswellen vorhergesagt hat, gaben Wissenschafter die erste Beobachtung dieser von großen Massen wie Schwarzen Löchern verursachten Störungen der Raumzeit bekannt. Unmittelbar danach galt der erste direkte Nachweis als nobelpreiswürdig, heuer war es nun so weit.

Ein halbes Jahr nach Vorlage seiner Allgemeinen Relativitätstheorie beschrieb Einstein im Juni 1916, wie sich Gravitationsfelder ausbreiten: als Gravitationswellen. Einstein postulierte, dass beschleunigte Massen Störungen in der Raumzeit erzeugen, die sich mit Lichtgeschwindigkeit in Form einer Welle ausbreiten. Vor allem kosmische Großereignisse wie Sternenexplosionen oder verschmelzende Schwarze Löcher sollten Gravitationswellen erzeugen, deren Auswirkungen auf der Erde messbar sind.

Der Nachweis gestaltete sich jedoch aufwendig, denn eine solche Welle dehnt und staucht zwar den Raum - auf ein paar Kilometer allerdings nur um Bruchteile eines Protonendurchmessers. Entsprechend schwer ist es, eine derart minimale Abweichung aufzuzeichnen. Über Jahre hinweg arbeiteten Wissenschafter rund um die Welt daher mit Hochdruck an immer empfindlicheren Detektoren zum Nachweis dieser Wellen.

Dieser Hochdruck verführte auch zu vorschnellem Jubel: 2014 gaben US-Astronomen bekannt, sie hätten mit dem Teleskop "Bicep2" am Südpol die Signatur von Gravitationswellen in der kosmischen Hintergrundstrahlung aufgespürt. Doch wenige Monate später mussten sie einräumen, dass die Signale auch von strahlendem kosmischem Staub stammen könnten.

2015 endlich erfolgreich

Tatsächlich erfolgreich war man dann an einem der drei großen Gravitationswellen-Detektoren, die dem Phänomen nachspüren: Am 14. September 2015 um 5.51 Uhr US-Ostküstenzeit schlug der Detektor am Observatorium LIGO an, das aus zwei nahezu identischen Detektoren in Hanford (US-Bundesstaat Washington) und 3.000 Kilometer davon entfernt in Livingston (US-Bundesstaat Louisiana) besteht. In weiterer Folge stellte sich heraus, dass die Forscher die Signatur zweier verschmelzender Schwarzer Löcher in etwa 1,3 Mrd. Lichtjahren Entfernung in einem Gebiet am Südhimmel in Richtung des Sternbilds Schwertfisch entdeckt hatten.

Jedes der beiden LIGO-Experimente verfügt über zwei vier Kilometer lange Röhren. Darin werden mit einem sogenannten Laserinterferometer exakt die Abstände zwischen Spiegeln überwacht. Dazu wird ein Laserstrahl von einem Strahlungsteiler in zwei Teilstrahlen aufgespalten. Diese werden dann in verschiedene Richtungen zu den meist mehrere Kilometer entfernten Spiegeln geschickt. Die Spiegel reflektieren das Licht schließlich wieder zurück zum Strahlteiler. Dort überlagern sich die Lichtwellen, wobei durch Abschwächung und Verstärkung der Lichtwellen ein bestimmtes Muster, ein sogenanntes Interferenzmuster, entsteht.

Derartige Aufbauten sind an sich nichts Neues und werden, wenn auch in kleinerem Maßstab, bereits seit über hundert Jahren für verschiedenste Zwecke eingesetzt. Eine ihrer wichtigsten Eigenschaften ist, dass das Interferenzmuster sehr empfindlich gegenüber winzigsten Änderungen der Spiegelabstände ist. Trifft also eine Gravitationswelle auf einen solchen Detektor, verändert das die Abstände geringfügig und führt damit zu einer beobachtbaren Veränderung des Signals. Das Problem sind dabei Störungen, die sich nur schwer ausschalten lassen, etwa vom Mensch verursachte Vibrationen oder seismische Aktivitäten.

Neben LIGO gibt es mit Virgo in Italien und Geo600 in Deutschland weitere größere Einrichtungen, die auf dem gleichen Messprinzip beruhen. Mit Detektoren an unterschiedlichen Standorten wird die Empfindlichkeit solcher Anlagen weiter erhöht. Darüber hinaus kann man nur so im Falle eines Nachweises auch bestimmen, aus welcher Richtung die Welle gekommen ist. Der LIGO-Detektor identifizierte in Folge zwei weitere solche kosmische Ereignisse. Erst am 14. August wurde dann zum ersten Mal die Signatur zweier verschmelzender schwarzer Löcher sowohl mit LIGO, Virgo und Geo600 gleichzeitig aufgezeichnet.

Ab 2034 außerhalb der Erde

Geht es nach Plänen der Europäischen Raumfahrtbehörde ESA, dann wird ab 2034 auch außerhalb der Erde in großem Maßstab mit der Laser Interferometer Space Antenna (LISA) nach Gravitationswellen gesucht. Mit der LISA-Pathfinder-Mission wurde erst kürzlich ein Testlauf erfolgreich abgeschlossen. Die Mission diente der Vorbereitung auf eLISA (evolved LISA). 2034 sollen dann die drei eLISA-Satelliten in Position gebracht werden, sodass sie im Abstand von je einer Million Kilometer zueinander ein Dreieck bilden.

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