63,1 Prozent heißen Erweiterung von Anti-Rassismus-Strafnorm gut - SoHo: "Wann ist es in Österreich endlich so weit?" - Initiative zur stärkeren Förderung von bezahlbarem Wohnraum abgelehnt.
Bern. Die Schweizer haben sich mit deutlicher Mehrheit für ein Verbot der Diskriminierung von Lesben, Schwulen und Bisexuellen ausgesprochen. Bei einer Volksabstimmung wurde eine entsprechende Erweiterung der Anti-Rassismus-Strafnorm am Sonntag laut Endresultat mit 63,1 Prozent angenommen.
Eine Initiative zur stärkeren Förderung von bezahlbarem Wohnraum ist dagegen durchgefallen. Die Initiatoren wollten unter anderem erreichen, dass mindestens zehn Prozent der neu gebauten Wohnungen gemeinnützigen Bauträgern gehören sollen und Gemeinden beim Verkauf von Bauland ein Vorkaufsrecht erhalten.
Jedes Jahr vier Abstimmungstermine
Schweizer können entweder ein Referendum gegen ein beschlossenes Gesetz initiieren oder per Volksinitiative eigene Gesetze vorschlagen. Es gibt jedes Jahr vier Abstimmungstermine. Seit Einführung des Initiativrechts 1891 sind erst zehn Prozent solcher Volksinitiativen angenommen worden; fast 200 sind gescheitert. Wahlberechtigt sind gut fünf Millionen Einwohner. Die Wahlbeteiligung schwankt je nach Thema zwischen 30 und 60 Prozent.
Das deutliche Ja für das Diskriminierungsverbot aufgrund der sexuellen Orientierung hatte sich schon lange angedeutet. Bisher war über die Anti-Rassismus-Strafnorm schon die Diskriminierung wegen der Rasse, der Religion oder der Ethnie verboten. Wer dagegen verstößt, riskiert eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe. Die Befürworter des Diskriminierungsverbotes erklärten am Sonntag, dass ihnen das deutliche Ja Rückenwind für weitere Anliegen wie die gleichgeschlechtliche Ehe und eine einfachere Geschlechteranerkennung gebe.
"Herzliche Glückwünsche" aus Österreich
Aus Österreich kamen von der sozialdemokratischen LGBTIQ-Organisation SoHo "herzliche Glückwünsche" zum Ausgang des Votums. "Die Schweiz hat vorgezeigt, was in Österreich leider bis heute nicht möglich ist: Ein umfassender, gesetzlicher Diskriminierungsschutz", schrieb SoHo-Vorsitzender Mario Lindner in einer Aussendung. Dieser werde seit Jahren von der ÖVP blockiert und finde sich auch nicht im türkis-grünen Regierungsprogramm, fügte der Nationalratsabgeordnete hinzu. Österreich sei so eines der letzten EU-Staaten, das die LGBTIQ-Community nicht vor Diskriminierung im Privatleben schütze. "Wir dürfen noch immer aus Cafés, Taxis, Clubs und Wohnung geschmissen werden, nur weil wir stolz und selbstbestimmt leben."
Die Initiative "Mehr bezahlbare Wohnungen" scheiterte nicht zuletzt aufgrund einer ablehnenden Haltung in den ländlichen Regionen. In Basel (Stadt) und Genf erreichte die Vorlage beispielsweise deutliche Mehrheiten, sie fiel aber insgesamt doch durch. Die Initiative hatte bereits im Laufe der vergangenen Wochen an Zustimmung verloren.
Vorstoß von Mieterinnen- und Mieterverband lanciert
Der Vorstoß war vom Schweizerischen Mieterinnen- und Mieterverband lanciert und unter anderem von Gewerkschaften, Wohnbau-, Studenten- und Rentnerorganisationen unterstützt worden. Neben der Quote bei Neubauten und dem Vorkaufsrecht für Gemeinden hatte die Initiative auch ein Ende von massiven Mietsteigerungen gefordert, wenn energetische Sanierungen mit Fördergeldern des Bundes umgesetzt werden.
Vielerorts wurde am Sonntag zudem über kantonale Initiative und Themen abgestimmt. So lehnte beispielsweise die Genfer Bevölkerung laut vorläufigem Ergebnis die Abschaffung der Hundesteuer ab. Eine Mehrheit fand sich derweil nach ersten Ergebnissen für den Vorstoß, dass in der Stadt Basel ab 2050 nur noch umweltfreundliche Autos fahren dürfen. Im Kanton Tessin wurde der Vorschlag abgelehnt, dass der Staat nach einer aus Notwehr verübten Tat künftig sämtliche Gerichtskosten übernehmen soll.