Experten: "Sprengmeister" vermutlich weiter in Europa aktiv.
Alle Selbstmordattentäter von Paris trugen sie - und bei allen war die Bauweise identisch: Die Sprengstoffgürtel der islamistischen Angreifer wurden nach Einschätzung mehrerer Experten von einem Spezialisten in Europa angefertigt, der womöglich immer noch aktiv ist.
Für die Sicherheitsbehörden ist dies ein Albtraum, denn die Jihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) hat gedroht, dass die Anschläge von Paris nur ein Anfang gewesen seien.
"Wer von Sprengstoffgürteln spricht, der spricht vom Sprengmeister: Nicht jeder kann ein zuverlässiges und effizientes Sprengsystem bauen", erläutert ein früherer Chef eines französischen Geheimdienstes. Das sei jemand, der den Umgang mit Sprengstoff gewohnt sei, der einen Sprengstoffgürtel oder eine Sprengstoffweste so herstellen könne, dass sich der Angreifer noch bewegen könne und dass der Sprengstoff "nicht zur falschen Zeit hochgeht".
Gürtel der selben Bauart
Bei allen Attentätern von Paris, die am Freitagabend nicht zögerten, den Knopf zu drücken, um sich in die Luft zu sprengen, wurde nach den Worten von Staatsanwalt Francois Molins ein Sprengstoffgürtel derselben Bauart gefunden: Der verwendete Sprengstoff war TATP (Acetonperoxid), das leicht herzustellen ist, aber sehr empfindlich auf Einwirkungen wie Schläge oder Temperaturschwankungen reagiert. Zudem hatten alle Sprengstoffgürtel demnach eine Batterie, einen Knopf als Zünder und Bolzen, um durch Splitter möglichst großen Schaden anzurichten.
Konstrukteur nicht bei Todeskommandos
Es gilt als mehr als wahrscheinlich, dass der Gürtel-Konstrukteur nicht bei den Todeskommandos von Paris war. "Der Sprengstoffexperte ist zu wertvoll, er nimmt nie an Angriffen teil", meint Alain Chouet, einst ranghoher Mitarbeiter beim französischen Auslandsgeheimdienst DGSE. "Also ist er da noch irgendwo..." Auch für das frühere DGSE-Mitglied Pierre Martinet ist der "Sprengmeister kein Kanonenfutter". Er sei da, um weitere Sprenggürtel zu bauen für die nächsten Attentäter.
Anleitung reicht nicht
Eine Anleitung im Internet oder ein Chemiehandbuch reichen den Experten zufolge bei Weitem nicht aus, um solch einen Sprengstoffgürtel bauen zu können. "Das lässt sich nicht in zwei Tagen machen", meint ein Ex-Geheimdienstmitarbeiter. "Man braucht wochenlange Ausbildung, und man muss unter Anleitung eines 'Meisters' arbeiten. Das ist eine minutiöse Arbeit, dazu ist jemand nötig, der weiß, was ein Sprengstoff ist, ein Zünder, wie man die Teile miteinander verbindet, ohne das sie einem ins Gesicht explodieren."
"Sie haben die Sprengstoffgürtel nicht aus Syrien importiert", ist sich der Experte sicher. "Je mehr man die Dinger mit sich herumschleppt, desto höher sind die Risiken. Es ist sehr wahrscheinlich, dass es hier, in Frankreich oder Europa, ein oder zwei Kerle gibt, die aus den (islamistischen) Kampfgebieten zurückgekommen sind und die es vor Ort gelernt haben."