Angeschossene Polizisten, tote Demonstranten und Spuren der Verwüstung in mehr als 40 US-Städten – Die Lage um die Protestwelle eskaliert von Tag zu Tag weiter.
Weiter Proteste und Gewalt in den USA: Nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis kommen die Vereinigten Staaten nicht zur Ruhe. Bereits die siebte Nacht in Folge gab es Demonstrationen. In mehreren Großstädten schlugen sie wieder in Ausschreitungen um.
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Trump droht mit Militäreinsatz
US-Präsident Donald Trump will die Unruhen in den USA notfalls mit militärischer Gewalt stoppen. Begleitet von Protesten und chaotischen Szenen vor dem Weißen Haus kündigte Trump dafür am Montagabend (Ortszeit) die Mobilisierung aller verfügbaren zivilen und militärischen Kräfte seiner Regierung an. Aus New York meldete der US-Sender CNN in der Nacht zum Dienstag erneut Plünderungen.
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Trump droht mit Militäreinsatz in US-Städten
Trump sagte bei seiner Ansprache im Rosengarten des Weißen Hauses: "Wir beenden die Unruhen und die Gesetzlosigkeit, die sich in unserem Land ausgebreitet haben." Er fügte hinzu: "Wenn eine Stadt oder ein Bundesstaat sich weigern, Maßnahmen zu ergreifen, die notwendig sind, um das Leben und den Besitz ihrer Bürger zu schützen, dann werde ich das Militär der Vereinigten Staaten einsetzen und das Problem schnell für sie lösen."
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Proteste gegen Polizeigewalt und Rassismus: Das sagt Trump
Seit Tagen kommt es in Washington, New York und anderen US-Metropolen zu Demonstrationen gegen Polizeigewalt, Rassismus und soziale Ungerechtigkeit. Auslöser der Proteste ist der Tod des Afroamerikaners George Floyd nach einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis im Bundesstaat Minnesota. In vielen US-Metropolen sind die Demonstrationen in Ausschreitungen und Plünderungen ausgeartet. Mehr als 40 Städte haben nächtlich Ausgangssperren verhängt.
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Während Trumps Auftritt im Rosengarten drängten Sicherheitskräfte Demonstranten vor dem Weißen Haus unter anderem mit Tränengas und Gummigeschoßen gewaltsam zurück. Auch Militärpolizei wurde gegen Demonstranten eingesetzt. Geschäfte, Restaurants und Hotels in der Umgebung hatten ihre Schaufenster verbarrikadiert.
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Schock-Video: Polizeiauto rammt Demonstranten in New York
Trump hat demokratische Gouverneure und Bürgermeister mehrfach aufgefordert, härter gegen Randalierer durchzugreifen, und ihnen Schwäche vorgeworfen. Am Montagabend forderte der Republikaner Gouverneure erneut dazu auf, ausreichend Kräfte der Nationalgarde einzusetzen, um die Straßen wieder unter Kontrolle zu bringen. Trump warnte "die Organisatoren des Terrors", ihnen drohten "lange Gefängnisstrafen".
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Demokratische Gouverneure wiesen Trumps Vorstoß empört zurück. Der Gouverneur des Bundesstaats Illinois, J. B. Pritzker, sagte dem Sender CNN, der Präsident habe keine rechtliche Grundlage, um das US-Militär in Bundesstaaten zu entsenden. Seine Kollegin Gretchen Whitmer, Gouverneurin des Bundesstaats Michigan, sagte, Trump könne das Militär nicht ohne ihre Zustimmung einsetzen. Whitmer nannte Trumps Aussagen "gefährlich und erschütternd".
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Demonstranten mit Helikopter verscheucht
Trump sagte an die Adresse seiner Landsleute: "Ich bin euer Präsident für Recht und Ordnung." Er werde dafür kämpfen, das Land und seine Bürger zu beschützen. Trump will sich im November für eine zweite Amtszeit wiederwählen lassen und versucht, sich in der aktuellen Krise als Hardliner zu porträtieren.
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Trump kündigte am Montag außerdem "entschlossene Maßnahmen" an, um die Hauptstadt Washington zu schützen. Was in der vergangenen Nacht dort passiert sei, sei "eine totale Schande". Er entsende "Abertausende schwer bewaffnete Soldaten", um neue Ausschreitungen in Washington zu stoppen. In der US-Hauptstadt trat um 19.00 Uhr (Ortszeit) eine nächtliche Ausgangssperre in Kraft, über die sich Demonstranten zunächst hinwegsetzten. Am späteren Abend waren nur noch vereinzelte Demonstranten zu sehen.
In New York - der größten Stadt in den USA - wurde nach erneuten teils gewaltsamen Protesten eine nächtliche Ausgangssperre ab 23.00 Uhr verhängt. Im Stadtteil Brooklyn marschierten nach Angaben eines CNN-Reporters, der die Demonstranten begleitete, Tausende Menschen auch nach der Ausgangssperre. Im New Yorker Stadtteil Manhattan kam es erneut zu Plünderungen, wie auf Fernsehbildern zu sehen war. New Yorks Bürgermeister Bill de Blasio erließ eine Ausgangssperre auch für die Nacht zum Mittwoch.
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Tote bei Protesten nahe Chicago
Zwei Menschen sind Medienberichten zufolge bei Protesten gegen Polizeigewalt in Cicero, einem Vorort von Chicago, ums Leben gekommen. Mindestens 60 Menschen wurden festgenommen, wie die Fernsehsender NBC und CBS unter Berufung auf örtliche Behörden-Angaben berichteten. In der Stadt soll es am Montag (Ortszeit) zu mehreren Plünderungen gekommen sein, darunter auch in einem Spirituosengeschäft.
Einzelheiten waren zunächst nicht bekannt. Laut NBC waren mehr als 100 Polizisten im Einsatz, zudem wurden Kräfte der Polizei des Bundesstaates Illinois und des Sheriffbüros von Cook County hinzugezogen.
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Polizeigewalt: Massive Ausschreitungen in den USA
In St. Louis im US-Bundesstaat Missouri wurden bei Protesten nach Polizei-Angaben vier Beamte von Schüssen getroffen. Sie wurden in Krankenhäuser gebracht, wie die Polizei auf Twitter mitteilte. Die Verletzungen seien ersten Angaben zufolge aber nicht lebensbedrohlich. Wer die Schüsse abgegeben hatte, war zunächst nicht bekannt.
Auslöser der anhaltenden Proteste in den USA ist der Tod des Afroamerikaners George Floyd nach einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis im Bundesstaat Minnesota. Tausende protestierten daraufhin gegen Polizeigewalt und Rassismus im Land. Dabei kam es auch zu Ausschreitungen und Plünderungen.
Mehrere US-Polizisten von Schüssen verletzt
In den USA sind während Protesten gegen Rassismus und Polizeigewalt mehrere Polizisten angeschossen worden. In St. Louis im US-Bundesstaat Missouri seien vier Polizisten getroffen worden, teilte die dortige Polizei am Montag per Twitter mit. Der Vorfall habe sich während Auseinandersetzungen mit Demonstranten ereignet.
Die Polizisten seien nicht lebensgefährlich verletzt worden und ins Krankenhaus gebracht worden. "Die Beamten schießen immer noch in der Innenstadt", hieß es auf Twitter. Weitere Informationen würden bekanntgegeben, sobald diese zur Verfügung stünden. Einzelheiten teilte die Polizei zunächst nicht mit. So war unklar, wer die Schüsse abgegeben hat und wo genau sie fielen.
Zudem meldete die Nachrichtenagentur AP, in Las Vegas sei auf einen Polizisten während Protesten geschossen worden. Der Zustand des Polizisten sei ungewiss, hieß es unter Berufung auf die örtliche Polizei. Ein zweiter Polizist sei "an einem Schusswechsel" beteiligt gewesen. Gegenüber Reuters lehnte die Polizei eine Stellungnahme ab.
Seit einer Woche kommt es in vielen Städten der USA immer wieder zu Demonstrationen gegen Rassismus und Polizeigewalt. Die meist friedlichen Proteste, die aber wiederholt zum Teil in Gewalt umschlagen, entzündeten sich am Tod George Floyds am Montag vergangener Woche. Der 46-jährige Afroamerikaner starb in Minneapolis, nachdem ein weißer Polizist ihn minutenlang mit dem Knie auf dem Hals zu Boden gedrückt hatte. Der 44-jährige Polizist Derek Chauvin wurde festgenommen und wegen Mordes angeklagt. Drei weitere Polizisten, die an der Festnahme Floyds beteiligt waren, wurden nicht angeklagt. Der Vorfall, der durch Video-Aufnahmen dokumentiert ist, löste die Proteste aus.
Polizisten knien mit Demonstranten nieder
Mit einem symbolischen Kniefall haben Polizisten in den USA bei den Protesten gegen Polizeigewalt und Rassismus in den vergangenen Tagen ihre Solidarität mit Demonstranten ausgedrückt. In verschiedenen Städten knieten Beamte nieder, senkten ihre Köpfe zum Gebet oder umarmten Menschen, die zu Protesten auf der Straße waren.
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In der Gemeinde Flint Township im US-Bundesstaat Michigan legte Sheriff Chris Swanson Helm und Schlagstöcke ab und schloss sich den Demonstranten an. Auf einem viel verbreiteten Video ist zu sehen, wie Swanson sagt: "Ich möchte dies zu einer Parade machen - nicht zu einem Protest. Der einzige Grund, warum wir hier sind, ist sicherzustellen, dass Ihr eine Stimme habt - das ist alles."
In Lexington im US-Bundesstaat Kentucky beteten nach einem Bericht des Fernsehsenders CNN Polizisten und Demonstranten gemeinsam. Im New Yorker Stadtteil Queens knieten mehrere Polizisten ebenfalls. Aus der Menge kommen "Danke"-Rufe, wie auf einem anderen CNN-Video zu sehen ist. Ähnliche Szenen gab es in der Nähe von Miami. In Washington knieten Polizisten vor einem Hotel von US-Präsident Donald Trump. In Houston, der größten Stadt des Bundesstaats Texas, lief ein Polizist Arm in Arm mit einer Demonstrantin.
Auslöser der Proteste ist der Tod des Afroamerikaners George Floyd nach einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis im Bundesstaat Minnesota.
Jamie Foxx fordert Hollywood zum Straßenprotest auf
Oscarpreisträger Jamie Foxx (52) fordert Hollywood dazu auf, sich auch persönlich und nicht nur über Soziale Medien an den Floyd-Protesten zu beteiligen. "Was ich meinen Freunden in Hollywood sagen möchte, ist, dass sie hier raus müssen", sagte der Schauspieler bei einer Demonstration in San Francisco.
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"Sie können nicht einfach nur twittern. Sie können nicht einfach nur texten. Sie müssen verstehen, dass die Menschen verletzt sind." Der beste Weg zu helfen sei, sein Gesicht zu zeigen, sagte Foxx, wie lokale Medien berichteten. Der Schauspieler nahm seit dem Tod des Afroamerikaners George Floyd bereits an mehreren Protest-Kundgebungen teil. "So sollte es in Amerika im Jahr 2020 nicht sein. Wir müssen uns entwickeln", forderte er.
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Seit Tagen kommt es in Washington, New York und anderen US-Metropolen zu Demonstrationen gegen Polizeigewalt, Rassismus und soziale Ungerechtigkeit. Auslöser war der Tod Floyds nach einem Polizeieinsatz in Minneapolis im Bundesstaat Minnesota. Einer von vier beteiligten Beamten drückte ihm minutenlang sein Knie in den Nacken. Alle Bitten des Afroamerikaners, ihn atmen zu lassen, ignorierte er.
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Floyd laut Autopsie durch Polizeigewalt gestorben
Eine Woche nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd in der US-Großstadt Minneapolis hat die offizielle Autopsie bestätigt, dass er durch von der Polizei angewendete Gewalt ums Leben kam. Todesursache sei ein Herz-Kreislauf-Stillstand infolge von "Druck auf den Nacken" während eines Polizeieinsatzes, heißt es in dem Autopsiebericht, der am Montag veröffentlicht wurde.
Als Todesart wurde "homicide" angegeben, was mit "Totschlag" oder "Tötungsdelikt" übersetzt werden kann. Zugleich wird in dem Autopsiebericht aber betont, dass es sich dabei nicht um eine rechtliche Einordnung von "Schuld oder Absicht" handle. Die Entscheidung darüber obliege der Justiz, nicht den Gerichtsmedizinern.
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Laut offizieller Obduktion war Floyd herzkrank und litt an Bluthochdruck. Außerdem sei bei ihm eine "Fentanylvergiftung" sowie die vor kurzer Zeit erfolgte Einnahme von Methamphetaminen festgestellt worden.
Kurz zuvor war das Ergebnis einer Autopsie veröffentlicht worden, die Floyds Angehörige in Auftrag gegeben hatten. Diese stellte "Erstickung durch anhaltenden Druck als Todesursache" fest. Druck auf Floyds Nacken habe die Blutzufuhr zum Gehirn unterbrochen, Druck auf Floyds Rücken habe eine Ausweitung der Lunge verhindert, sagte Anwalt Ben Crump am Montag in Minneapolis. Der von der Familie beauftragte Mediziner Michael Baden wies unter anderem die behördlichen Angaben zu Vorerkrankungen der Herzkranzgefäße bei Floyd zurück.
Der Tod des 46-Jährigen bei seiner Festnahme hat landesweite Proteste und schwere Ausschreitungen ausgelöst. Er starb am Montag vergangener Woche, nachdem der weiße Polizist Derek Chauvin ihm fast neun Minuten lang sein Knie in den Nacken gedrückt hatte. Floyd klagte wiederholt, er könne nicht mehr atmen ("I can't breathe"), der Polizist ließ aber nicht von ihm ab.
Ein Video des Vorfalls löste landesweit Entsetzen und Empörung aus. Das Video zeigt, dass drei Polizisten den 46-Jährigen, der bereits Handschellen trug, am Boden fixierten. Chauvin und drei weitere Polizisten wurden wegen des Vorfalls entlassen. Bisher wurde aber nur Chauvin festgenommen und von den Ermittlungsbehörden offiziell direkt für den Tod des Afroamerikaners verantwortlich gemacht. Die Ermittler legen ihm unter anderem Totschlag zur Last.
IPI: Mehrmals Polizeischüsse auf Journalisten
Bei den Unruhen in den USA ist es auch mehrmals zu Polizeischüssen auf Journalisten gekommen. Dies berichtet das Internationale Presse-Institut (IPI) in einer am Montag veröffentlichten Aussendung. "Wir rufen die Polizei dringend auf, Reporter nicht mehr ins Visier zu nehmen und sie ihre Arbeit machen zu lassen", betonte IPI-Vizechef Scott Griffen.
So habe die Fotografin Linda Tirado am Freitag in Minneapolis (Minnesota) das Augenlicht verloren, nachdem sie von einem Gummigeschoß der Polizei getroffen worden sei. In Louisville (Kentucky) hätten Polizisten die Lokalreporterin Kaitlin Rust und ihr Kamerateam ins Visier genommen. Die Polizisten hätten "direkt auf uns gezielt", sagte Rust. Auch Journalisten und Kamerateams von CBS, Reuters und MSNBC gaben an, in Minneapolis von der Polizei beschossen worden zu sein.
Außerdem seien mehrere Journalisten festgenommen worden, darunter der CNN-Reporter Omar Jimenez am Donnerstag in Minneapolis. Der Kameramann Tom Aviles sei am Samstag festgenommen worden, nachdem ihn die Polizei zunächst beschossen habe. In Iowa habe die Zeitungsreporterin Andrea May Sahouri eine Nacht im Polizeigefängnis verbringen müssen, weil sie über die Proteste in Des Moines berichtet hatte. Laut IPI waren auch mehrere ausländische Journalisten betroffen. Ein australisches Team sei in Minneapolis festgenommen und durchsucht worden, Reporter aus Schweden und Norwegen seien durch Gummigeschoße verletzt worden.
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USA: Polizei schießt auf Journalisten
Das Pressefreiheits-Institut mit Sitz in Wien verwies auch auf Videoaufnahmen, die belegen, dass die Sicherheitskräfte bewusst gegen Journalisten vorgegangen seien. So sei der Reporter der Zeitung "Star Tribune", Chris Serres, in Minneapolis auf den Boden gedrückt und mit dem Erschießen bedroht worden, obwohl er seinen Presseausweis hergezeigt habe. Der "Vice"-Journalist Michael Anthony Adams gab an, von einem Polizisten mit Pfefferspray besprüht worden zu sein, nachdem er sich als Journalist ausgewiesen hatte. Ali Velshi vom Fernsehsender MSNBC berichtete, was passierte, nachdem Polizisten sein Team mit Gummigeschoßen beschossen hatten: "Wir streckten unsere Hände in die Höhe und riefen: 'Wir sind Medienleute!'. Sie antworteten: 'Das ist uns egal!' und eröffneten das zweite Mal das Feuer."
Zudem gab es Übergriffe seitens der Protestierenden auf Medienvertreter. In der Hauptstadt Washington entrissen Demonstranten dem Fox-News-Journalisten Leland Vittert das Mikrofon und schlugen ihn damit. Außerdem wurde die Zentrale des Fernsehsenders CNN in Atlanta angegriffen. Auch das Regionalmedium Al.com berichtete von gewaltsamen Übergriffen auf ein Team seiner Reportern in Alabama. Protestierende sollen Reporter auch in den Städten Phoenix (Arizona) und Pittsburgh (Pennsylvania) angegriffen haben