Präsident wettert über "Schande" - Dienstag wird es ernst.
Kurz und formell war am Donnerstag der Auftakt zum Amtsenthebungsverfahren gegen den US-Präsidenten Donald Trump im US-Senat.
Die Anklage wurde verlesen und die Beteiligten vereidigt. Trump kommentierte die Sache gewohnt deftig: Das Verfahren sei "eine Schande" und "total parteiisch", es werde "ohne jeden Grund" gegen ihn geführt und der führende Anklagevertreter sei "ein korrupter Politiker".
Gemeint war der Demokrat Adam Schiff, der mit dem Vortrag der Anklagepunkte das historische Impeachment (es ist erst das dritte in der US-amerikanischen Geschichte) eröffnete. Anschließend wurde der Oberste US-Richter John Roberts als Leiter des Verfahrens vereidigt, der dann seinerseits den 100 Senatoren den Eid abnahm. Am nächsten Dienstag kommt der Senat wieder zusammen - dann soll der inhaltliche Teil des Verfahrens beginnen. Angestrengt wurde es von den Demokraten vor dem Hintergrund der Ukraine-Affäre.
Die Aussichten auf Erfolg sind für sie allerdings gering. Denn die Entscheidung über Verurteilung oder Freispruch liegt beim Senat. Und dort haben Trumps Republikaner die Mehrheit. Dass, wie nötig, zwei Drittel der 100 Senatoren für mindestens einen der beiden Anklagepunkte stimmen gilt als extrem unwahrscheinlich. Die Demokraten beschuldigen Trump, den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu Ermittlungen gegen seinen politischen Rivalen Joe Biden gedrängt zu haben, um die US-Präsidentschaftswahl 2020 zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Sie sehen es als erwiesen an, dass Trump von der Ankündigung solcher Ermittlungen ein Treffen mit Selenskyj im Weißen Haus und die Freigabe von Militärhilfe in Höhe von rund 400 Millionen US-Dollar für die Ukraine abhängig gemacht habe.
Als das herausgekommen sei, habe Trump alles daran gesetzt, die Ermittlungen des Repräsentantenhauses zu blockieren. Trump weist diese Vorwürfe zurück und spricht von einer "Hexenjagd". Viele Fragen über den genauen Verlauf des nun gestarteten Verfahrens müssen noch geklärt werden. Demokraten und Republikaner konnten sich bisher nicht einmal darauf einigen, ob weitere Beweise herangezogen werden. Die Vorsitzende des Repräsentantenhauses,
Nancy Pelosi, forderte erneut die Anhörung weiterer Zeugen im Senat. "Jeden Tag kommen neue belastende Informationen hinzu", sagte sie am Donnerstag. Republikanische Senatoren, die keine neuen Zeugen anhören wollen, hätten wohl "Angst vor der Wahrheit". Der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, will über diese Frage erst während des laufenden Verfahrens entschieden.
Die Demokraten fordern die Anhörung von Trumps geschäftsführendem Stabschef Mick Mulvaney, von dessen Berater Robert Blair, vom früheren Nationale Sicherheitsberater John Bolton sowie von Michael Duffy, einem Mitarbeiter des Budgetbüros des Weißen Hauses. Bolton hatte vergangene Woche überraschend erklärt, er sei zur Aussage bereit. Der demokratische Minderheitsführer im Senat, Chuck Schumer, äußerte zum Auftakt des Impeachments die Hoffnung auf ein Umdenken der Republikaner: "Das Gewicht der Geschichte lastet auf den Schultern und bringt manchmal Ergebnisse hervor, von denen Du nicht weißt, dass sie eintreten würden." In den kommenden Tagen stehe jeder Demokrat und jeder Republikaner im Senat vor der Wahl, den Prozess gegen Trump mit der Suche nach der Wahrheit zu beginnen - oder im Dienste des Wunsches des Präsidenten nach Vertuschung.
Aus Sicht des Weißen Hauses sind die Vorwürfe gegen Trump "die schwächsten Anklagepunkte, die je in einem Amtsenthebungsverfahren gegen einen Präsidenten verabschiedet wurden". Aus dem Weißen Haus hieß es am Mittwoch (Ortszeit), man rechne daher nicht damit, dass das Verfahren im Senat länger als zwei Wochen dauern werde. Trump sagte am Donnerstag: "Ich denke, es sollte sehr schnell vorbei sein." Ein Geschäftspartner von Trumps persönlichen Anwalt Rudy Giuliani belastete den Präsidenten indes mit neuen Äußerungen.
Lev Parnas soll bei Giulianis Bemühungen, in der Ukraine belastendes Material zu Biden zu finden, eine zentrale Rolle gespielt haben. "Präsident Trump wusste genau, was vorging", sagte Parnas dem US-Sender MSNBC. "Ich hätte nichts ohne die Zustimmung von Rudy Giuliani oder dem Präsidenten getan", sagte er weiter. Trump sagte, er kenne Parnas nicht. "Ich glaube nicht, dass ich jemals mit ihm gesprochen habe."
Parnas und ein Kompagnon waren im Oktober in Washington festgenommen worden. Ihnen wird vorgeworfen, mit illegalen Wahlkampfspenden die Abberufung der damaligen US-Botschafterin in der Ukraine angestrengt zu haben. Parnas weist die Vorwürfe zurück und will mit der Staatsanwaltschaft zusammenarbeiten, er steht mittlerweile unter Hausarrest. Er hatte kürzlich auch dem Repräsentantenhaus Dokumente, Telefondaten und Kurznachrichten für deren Ermittlungen gegen Trump überlassen. Die Demokraten veröffentlichten Teile des Materials, das den Präsidenten ihrer Ansicht nach weiter belastete.
Die Sprecherin des Weißen Hauses, Stephanie Grisham, wies Parnas' Aussagen zurück. Kurz vor dem Auftakt des Amtsenthebungsverfahrens machte zudem eine Erklärung des Rechnungshofs Schlagzeilen. Das von Trumps Regierung angeordnete Zurückhalten von US-Hilfsgeldern für die Ukraine war der unabhängigen Kontrollbehörde zufolge rechtswidrig. Die Regierung dürfe bereits vom Kongress beschlossene Ausgaben nicht aufgrund politischer Erwägungen zurückhalten, hieß es.