Die wichtigsten Fragen und Antworten

Trumps Nahost-Plan: Lob von Israel, Frust bei Palästinensern

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Der Nahost-Plan von US-Präsident Donald Trump soll den Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern lösen.

Jerusalem/Washington.  Doch stattdessen könnte sich die angespannte Lage noch weiter aufheizen. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:

Wieso setzt sich Trump so sehr für Israel ein?

Auch frühere US-Präsidenten standen an der Seite Israels. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu bescheinigte Trump bei seinem Besuch in Washington nun aber gleich zwei Mal, dass Israel nie einen besseren Freund im Weißen Haus gehabt habe. Trump will sich im November im Amt bestätigen lassen, im Wahlkampf wirbt er immer wieder mit seiner pro-israelischen Politik. Er hofft auf die Stimmen evangelikaler Christen, die zu seinen stärksten Unterstützern gehören und traditionell Israel-freundlich sind, sowie auf die von konservativen Juden in den USA. US-Außenminister Mike Pompeo - selber ein evangelikaler Christ - sprach kürzlich von der pro-israelischsten US-Regierung jemals.

Wieso stellte Trump den Nahost-Plan jetzt vor?

Trump hatte seinen Schwiegersohn und Berater Jared Kushner bereits kurz nach der Amtsübernahme vor drei Jahren mit der Erarbeitung betraut. Seit Monaten war auf die Vorstellung des Plans gewartet worden. Der US-Botschafter in Israel, David Friedman, begründete die Verzögerung mit den Wahlen dort. Netanyahu ist im vergangenen Jahr bereits zweimal beim Versuch einer Regierungsbildung gescheitert, am 2. März steht die nächste Wahl an - die dritte innerhalb eines Jahres. Friedman sagte, nun habe die Zeit gedrängt - zumal nicht ausgemacht sei, dass die nächste Wahl das Patt auflöse.

Die Palästinenser haben den Plan zurückgewiesen. Was sind die roten Linien für Ramallah?

Eine Kontrolle Israels über die Grenzen des Palästinenserstaates und kein eigenes Militär wäre für die Palästinenser ein Staat zweiter Klasse. Letztlich bliebe damit die jetzige Situation der Militärkontrolle über palästinensische Gebiete ein Stück weit erhalten. Die Anerkennung Israels als jüdischer Staat wiederum ist für die Palästinenser keine Option. Aus ihrer Sicht würden die Araber - eine Minderheit von rund 20 Prozent der israelischen Bevölkerung - damit Bürger zweiter Klasse. Die Beibehaltung aller Siedlungen bedeutet für die Palästinenser ein Staatsgebiet mit zahlreichen israelischen Inseln im Herzen ihres Landes - keine einheitliche Fläche, stattdessen immer wieder Unterbrechungen.

Was unterscheidet Trumps Plan von früheren Nahost-Plänen und warum gilt er als pro-israelisch?

In früheren Plänen sollten die Palästinenser mehr von Ost-Jerusalem erhalten und ein weniger intensiver Gebietsaustausch mit Israel stattfinden. Zwar sollen die Palästinenser nach Trumps Nahost-Plan für die rund 30 Prozent Gebietsverlust im Westjordanland durch Gebietstausch mit Israel entschädigt werden. Allerdings war zunächst unklar, ob sie dem Gebietstausch zustimmen würden - unter anderem sollen die Palästinenser arabische Orte in Israel erhalten.

Der frühere Ministerpräsident Ehud Olmert soll den Palästinensern 2008 vorgeschlagen haben, Israel verbleibe nur noch in 6,3 Prozent der Fläche des Westjordanlands - und werde die Palästinenser mit israelischen Gebieten weitgehend entschädigen. Israel werde sich zudem aus arabischen Vierteln in Ost-Jerusalem zurückziehen und die Altstadt unter internationale Kontrolle stellen. Der Plan wurde allerdings nie öffentlich präsentiert, weil Olmert vorher sein Amt abgeben musste. Auch der amerikanische Präsident Bill Clinton schlug im Jahr 2000 ähnliches vor.

Was sind die größten Vorteile für Israel?

Die israelischen Siedlungen mit Hunderttausenden Siedlern sollen im Westjordanland verbleiben. Israel könnte zudem seine Souveränität auf das Jordantal ausweiten. Außerdem hat der US-Botschafter in Jerusalem, David Friedman, bereits deutlich gemacht, Israel könne die für Israel ausgewiesenen Flächen inklusive aller Siedlungen nach Ansicht der USA schon annektieren, bevor die Palästinenser dem Plan zugestimmt haben - also sofort. Für die Israelis bedeutet dies eine Legitimierung des Status quo.

Was sind die Probleme Israels mit dem Plan?

Vertreter rechter und religiöser Parteien in Israel lehnen die Einrichtung eines Palästinenserstaates grundsätzlich ab. Sie fordern ein Israel vom Mittelmeer bis zum Jordan. Das vierjährige Bauverbot in den für einen Palästinenserstaat ausgewiesenen Flächen kritisieren Befürworter des Siedlungsausbaus.

Was bedeutet der Plan für Jerusalem?

Jerusalem soll danach die ungeteilte Hauptstadt Israels bleiben. Die Hauptstadt eines unabhängigen Palästinenserstaates solle zwar in Ost-Jerusalem liegen, allerdings östlich und nördlich der Mauer - also in Vororten. Israel hatte 2002 nach palästinensischen Anschlägen mit dem Bau der Sperranlage begonnen. Danach ging die Zahl der Anschläge deutlich zurück. An bestimmten Abschnitten besteht sie aus einer hohen Betonmauer, an anderen aus einem Zaun.

Die Mauer solle "als eine Grenze zwischen den Hauptstädten beider Parteien dienen", heißt es in dem Plan. Trump kündigte an, in Ost-Jerusalem eine US-Botschaft zu errichten, sollte der Plan umgesetzt werden. Die Palästinenser fordern ganz Ost-Jerusalem als Hauptstadt eines unabhängigen Staates.

Die Altstadt unterliegt damit weiterhin israelischer Kontrolle. Der Status quo bezüglich des Tempelbergs (Al-Haram al-Scharif/Das edle Heiligtum), der Juden und Muslimen heilig ist, soll beibehalten werden. Jordanien, das bereits bisher mit den Palästinensern für die Verwaltung der heiligen Stätten zuständig ist, soll weiter die Verantwortung dafür tragen. Der Tempelberg mit dem Felsendom und der Al-Aqsa-Moschee ist die drittheiligste Stätte im Islam. Juden ist der Ort ebenfalls heilig, weil dort früher zwei jüdische Tempel standen, von denen der letzte im Jahr 70 von den Römern zerstört wurde.

Die Palästinenser boykottieren die USA. Wie hat sich die Palästinenserführung in der Vergangenheit verhalten?

Die Palästinenser haben bisher grundsätzlich alle Friedenspläne abgelehnt - auch die, die deutlich vorteilhafter für sie waren. Das Problem der Palästinenserführung ist auch der Bruderzwist zwischen der Fatah-Partei von Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas und der islamistischen Hamas. Während der gemäßigte Abbas im Westjordanland regiert, herrscht die Hamas über den Gazastreifen. Die Hamas, die von den USA, der EU und Israel als Terrororganisation eingestuft wird, hat sich die Zerstörung Israels auf die Fahnen geschrieben.

Wie positioniert sich die Europäische Union zu Trumps Plan?

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat zunächst mit einer sehr vorsichtigen Stellungnahme auf den US-Plan reagiert. Die EU werde diesen "prüfen und bewerten". Borrell verwies auf die EU-Position, wonach eine praktikable Zwei-Staaten-Lösung nötig sei. Sie müsse die legitimen Hoffnungen der Palästinenser wie der Israelis berücksichtigen und alle einschlägigen UN-Resolutionen und international akzeptierten Faktoren respektieren. Das klingt nicht nach Zustimmung zu dem US-Vorschlag, den die Palästinenser bereits vehement ablehnen. Positiv war an der ersten EU-Reaktion einzig der Satz, die US-Initiative biete "die Gelegenheit", den dringend nötigen Bemühungen um eine ausgehandelte und machbare Lösung für den Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern neuen Schwung zu geben.

Und die arabischen Staaten?

Neben scharfer Kritik ist aus der arabischen Welt auch Lob zu hören, so aus Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE). Das zeigt einmal mehr, wie zerstritten die Region ist. Die Saudis und Emiratis pflegen nicht nur ein enges Verhältnis zu Trump, sondern haben mittlerweile hinter den Kulissen auch Kontakte zu Israel geknüpft, obwohl es keine offiziellen diplomatischen Beziehungen gibt. Unterstützung für die Palästinenser klingen hingegen mehr wie Lippenbekenntnisse. Mit den USA und Israel verbindet Saudi-Arabien und die VAE ein gemeinsamer Erzfeind: der schiitische Iran.

Wie geht es jetzt weiter?

Israels ultrarechter Verteidigungsminister Naftali Bennett forderte am Mittwoch eine sofortige Annektierung israelischer Siedlungen und des Jordantals. Unklar war jedoch, inwiefern eine israelische Übergangsregierung dazu befugt ist. Palästinenserpräsident Abbas reist nach Kairo, um sich dort mit Mitgliedern der Arabischen Liga zu besprechen. Flächendeckende Proteste im Westjordanland und im Gazastreifen blieben zunächst aus. Ob es zu einem Gewaltausbruch kommt, wenn Israel die Annektierung der Siedlungen und des Jordantals vollzieht, ist unklar.

 

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