4 Tote in Ostanatolien

Türkei: Blutiger Wahl-Sonntag

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57 Millionen Türken  wählten gestern in 81 Provinzen ihre Bürgermeister und Stadträte.

Ankara. Die Schüsse fielen gestern in der ostanatolischen Stadt Malatya. Im Wahllokal des Bezirks Pötürge gerieten zwei politisch konträre Gruppen in einen heftigen Streit. Einer der Männer zog eine Waffe und erschoss zwei Menschen. Der Täter wurde verhaftet. Bei anderen Zwischenfällen sollen zwei weitere Menschen gestorben sein.

Auch wenn der genaue Hintergrund der blutigen Auseinandersetzung noch nicht feststeht, wird die Tat vielerorts als Konsequenz des hoch aggressiven Wahlkampfs von Präsident Recep Tayyip Erdogan gewertet. Der Hardliner ritt scharfe Angriffe gegen die Opposition und erklärte die Kommunalwahl zu einer „Frage des nationalen Über­lebens“.

Erdogan muss um Istanbul und Ankara zittern

Bei den türkischen Kommunalwahlen hat der Kandidat der regierenden AKP den Sieg in Istanbul beansprucht. "Wir haben in Istanbul gewonnen. Ich danke den Einwohnern von Istanbul für das Mandat, das sie mir übertragen haben", sagte Ex-Ministerpräsident Binali Yildirim am Sonntagabend vor jubelnden Anhängern.
 
Laut der amtlichen Nachrichtenagentur Anadolu lag er nach Auszählung von 98 Prozent der Wahlzettel wenige tausend Stimmen oder 0,2 Prozentpunkte vor dem Oppositionskandidaten Ekrem Imamoglu. Dieser lehnte es ab, seine Niederlage eingestehen. Die Stimmen würden noch gezählt, sagte der Kandidat der sozialdemokratischen CHP.

Erdogan: AKP ist Wahlsiger

Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hatte seine AKP zuvor zum Gewinner der Kommunalwahl erklärt. "Die Ergebnisse zeigen, dass wir aus diesen Wahlen wieder mit großem Vorsprung als erste Partei hervorgegangen sind", sagte er am späten Sonntagabend. Nach Auszählung von vier Fünftel der Stimmen lag die AKP landesweit bei rund 45 Prozent, ähnlich wie bei der Kommunalwahl 2014.
 
Gleichzeitig zeichneten sich aber Verluste für die AKP in wichtigen Großstädten ab. Ausgerechnet in der Hauptstadt Ankara lag der Oppositionskandidat der Mitte-Links-Partei CHP, Mansur Yavas, nach Teilergebnissen vor dem Kandidaten der AKP. Der Verlust der Hauptstadt, die seit mehr als 20 Jahren von islamisch-konservativen Bürgermeistern regiert wird, wäre ein herber Schlag für den machtgewohnten Präsidenten und Aufwind für Kritiker.
 
 In Erdogans Äußerungen schwang ungewohnte Selbstkritik mit, als er sagte: "Wir müssen akzeptieren, dass wir da, wo wir gewonnen haben, die Herzen unseres Volkes erobert haben, und da, wo wir verloren haben, nicht erfolgreich genug waren." Enge Rennen gab es auch in anderen wichtigen Großstädten wie Antalya und dem südtürkischen Adana, wo die AKP beziehungsweise ihr Bündnispartner MHP bei der Kommunalwahl 2014 noch gewonnen hatten.

Austro-Journalist Max Zirngast über Wahl:

"Unsicherheiten und Krisen können sich jetzt vertiefen"

Max Zirngast steht am 11. April in der Türkei vor Gericht und sprach vorab auf oe24.TV:

oe24.TV: Ihnen wird die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen, was ist denn der Hintergrund dieser Vorwürfe?

Max Zirngast: Ich schreibe für viele Medien. Unter anderem auch für eine Zeitung einer Organisation, der vorgeworfen wird, die Frontorganisation einer Terrororganisation zu sein.

oe24.TV: Beziehungen zu Terror schließen Sie aus?

Zirngast: Es gibt keinen Beweis für diesen Vorwurf in der Anklageschrift.

oe24.TV: Wie sehen Sie denn generell das politische Klima in der Türkei?

Zirngast: Wegen der Wahl ist die Stimmung sehr auf­geheizt. Es ist eine kritische Wahl, die über die Regierung und den Kurs des Landes eine wichtige Entscheidung treffen wird. Wenn große Städte wie Istanbul und Ankara in die Opposition gehen, dann wird es die bestehenden Unsicherheiten und Krisensi­tuationen vertiefen. Es gibt sehr viele Probleme, vor allem die ökonomische Situation. Die Inflation ist enorm. angesichts dessen ist die Lage sehr angespannt. Das ist eine Situation von verschiedensten Krisen – ökonomisch und gesellschaftlich.

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