Das ehemalige Atomkraftwerk Tschernobyl ist nach Angaben des ukrainischen Netzbetreibers Ukrenerho erneut ohne Strom.
Die Leitung, die das Werk sowie die nahe gelegene Stadt Slawutytsch nördlich von Kiew versorge, sei von den russischen Kräften beschädigt worden, teilte Ukrenerho am Montag mit. Das AKW werde derzeit über Dieselgeneratoren versorgt, sagte Konzern-Chef Wolodymyr Kudryzkji im Fernsehen.
Der havarierte Reaktor muss ständig gekühlt werden. Wegen des Vorfalls sei in Slawutytsch der Strom ausgefallen. Erst am Vorabend hätten ukrainische Spezialisten die Hochstromleitung in dem von russischen Truppen kontrollierten Gebiet repariert. Nun müssten die Experten wieder dorthin fahren, hieß es weiter. Von russischer Seite gab es zunächst keine Stellungnahme.
Die russischen Streitkräfte haben das Gelände um das ehemalige Atomkraftwerk kurz nach ihrem Einmarsch am 24. Februar besetzt. Tschernobyl war am vergangenen Mittwoch von der Stromversorgung abgeschnitten worden. Stromleitungen seien durch Beschuss beschädigt worden, teilte die ukrainische Seite damals mit. Russland gab seinerseits ukrainischen "Nationalisten" die Schuld. Am Sonntag teilte der ukrainische Betreiber Enerhoatom auf Telegram mit, dass Tschernobyl wieder vollständig an die Stromversorgung angeschlossen sei.
In Tschernobyl kam es 1986 zu einem verheerenden Atomunfall. Der zerstörte Reaktor ist mit einer großen Kuppel überbaut worden. Noch heute werden dort radioaktive Abfälle gelagert.
Außerdem ist das Gelände eines unterirdischen Gasspeichers in der nordukrainischen Region Tschernihiw nach Angaben der Betreiberfirma durch Granatbeschuss getroffen worden. Eine Granate sei in einem Gebäude auf dem Gelände des Gasspeichers Olyschiw (Olyshiv) eingeschlagen und habe eine Methanol-Pumpstation beschädigt, teilt die staatliche Gasgesellschaft Naftogaz mit. Die Speicheranlage sei evakuiert und niemand verletzt worden.
"Die Strahlenschutzabteilung des Klimaschutzministeriums beobachtet die Lage in der Ukraine genau und ist in engem Austausch mit den zuständigen Behörden und der Internationalen Atomenergie Organisation", hieß es in einem Statement des österreichischen Umweltministeriums gegenüber der APA. Die Ukrainische Aufsichtsbehörde habe bestätigt, dass die Anlagen in der Sperrzone Tschernobyl vom Stromnetz getrennt und seit heute 13.00 Uhr von Dieselgeneratoren mit Strom versorgt werden.
Die Stromversorgung kann dem Ministerium zufolge über die 48 Stunden hinaus mit zusätzlichem Diesel gesichert werden. Auch im Fall eines vollständigen Blackouts ist demnach ausreichend Wasser für die Kühlung der abgebrannten Brennelemente vorhanden. "Die Strahlenfrühwarnsysteme in der Ukraine und in Österreich zeigen keine erhöhten Messwerte. Die Strahlenschutzabteilung des Klimaschutzministeriums verfolgt die weitere Entwicklung genau und wird weiter informieren. Für Österreich besteht keine Gefahr und es sind keine weiteren Veranlassungen erforderlich", stellte das Ministerium klar.