Warten auf den Großangriff auf Kiew. Tausende nützen die letzten Stunden zur Flucht.
Kiew. Letzter Checkpoint vor der Einfahrt nach Kiew. Die ukrainischen Soldaten sind nervös, hektisch. Obwohl an diesem Tag Waffenstillstand sein soll, ist ständig das „Wumm“ der Artillerie-Granaten zu hören. Die Dörfer um die Stadt Irpin und Hostomel bei Kiew liegen unter Dauerbeschuss der russischen Armee.
An diesem Tag gibt es einen Fluchtkorridor in Richtung Westen. Dutzende Autos nähern sich dem Checkpoint. Alte Ladas. Neue SUVs. In den Autos alte Männer und Frauen, Familien mit Kindern, viele haben ihre Haustiere mit, Katzen und Hunde lässt niemand zurück.
Verzweiflung. Eine junge Frau sagt; „Erst haben sie uns Tag und Nacht beschossen, dann sind die Russen ins Dorf, alles ist zerstört.“ Heizung und Strom gab es seit Tagen nicht: „Wir haben in unserer Wohnung offenes Feuer gemacht, um nicht zu erfrieren.“ Jetzt haben sie die Chance zur Flucht genützt: „Es war die Hölle, ein Albtraum.“ Dann gibt sie Gas.
Nikita Kriger (21) ist einer der jungen Freiwilligen, die vor Kiew aushelfen. Er lebte in Kanada, kehrte jetzt zurück, seine Freundin, ebenfalls 21, lebt hier: „Wir versorgen die Soldaten an den Checkpoints an der Front mit Essen, Tee. Auch recherchiere ich via Telegram, über diesen Kanal kommunizieren die russischen Soldaten.“ Aufklärung auf Ukrainisch.
Angriff. Auch er rechnet mit einem Großangriff auf Kiew in den nächsten Tagen: „Sie werden uns aber nicht besiegen“, sagt er. Kiew sei eine Festung. Nie könnte er unter russischer Besatzung leben: „Wir sind friedvolle Menschen. Sie könnten das Land besetzen, aber sie können unseren Mut und Stolz und unsere Freiheit nicht brechen. Wir wollten diesen Krieg nicht.“