Russischer Angriff

Explosionen erschüttern Hauptstadt Kiew

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Mehrere Explosionen haben Sonntag früh die ukrainische Hauptstadt Kiew erschüttert.

Sie hätten sich in den Stadtteilen Darnyzkji und Dniprowskji ereignet, schrieb Bürgermeister Vitali Klitschko auf dem Kurznachrichtendienst Telegram. "Die Einsatzkräfte arbeiten bereits vor Ort. Genauere Informationen - später." Ein Reuters-Reporter sah nach den Detonationen Rauch in der Stadt.

Zuvor waren in weiten Teilen der Ukraine Luftschutzsirenen zu hören gewesen, auch in der Region Kiew. Einzelheiten über die Explosionen waren zunächst nicht bekannt. Fliegeralarm ist immer wieder in Kiew zu hören, größere Angriffe auf die Hauptstadt gab es aber seit Wochen nicht mehr, weil die russische Armee sich auf den Süden und Osten konzentriert hat.

Russland war nach Beginn seiner Invasion am 24. Februar auf Kiew vorgerückt, konnte die Hauptstadt wegen des erbitterten Widerstandes der ukrainischen Einheiten aber nicht einnehmen. In den vergangenen Wochen forcierte die russische Armee ihre Offensive im Donbass im Osten des Landes. In der dortigen Region Luhansk ist vor allem die Industriestadt Sjewjerodonezk hart umkämpft. Es ist Russland bisher nicht gelungen, die beiden Regionen Luhansk und Donezk, die den Donbass bilden, vollständig einzunehmen. Sollte das russische Militär Sjewjerodonezk und seine Zwillingsstadt Lyssytschansk auf der anderen Seite des Flusses Siwerskji Donez einnehmen, hätte es die Region Luhansk vollständig unter Kontrolle. Der russische Präsident Wladimir Putin hätte damit ein wichtiges Ziel erreicht.

Kämpfe um Sjewjerodonezk

Die Ukraine meldete allerdings, am Samstag seien die russischen Truppen in Teilen von Sjewjerodonezk zurückgedrängt worden. Unabhängig bestätigen lassen sich die Angaben nicht. Der Gouverneur von Luhansk, Serhij Gaidai, erklärte am Sonntag, der Sturm der russischen Einheiten auf Sjewjerodonezk halte an. Das russische Militär kontrolliere den Ostteil der Stadt. Bei den Angriffen am Samstag seien Teile der Asot-Chemiefabrik beschädigt worden.

Der Bürgermeister der Stadt, Olexandr Strjuk, hatte zuvor im Fernsehen gesagt, die Straßenkämpfe seien am Samstag weitergegangen. Beide Seiten hätten Artillerie eingesetzt. "Die Lage ist angespannt, schwierig. ... Unser Militär tut alles, was es kann, um den Feind aus der Stadt zu vertreiben." Allerdings mangele es an Lebensmitteln, Treibstoff und Medikamenten.

Auf der diplomatischen Seite rief der französische Präsident Emmanuel Macron scharfe Kritik der Ukraine mit seiner Äußerung hervor, Russland dürfe in Hinblick auf eine Verhandlungslösung nach Ende der Kämpfe nicht gedemütigt werden. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte dazu in der Nacht auf Sonntag: "Die schrecklichen Folgen dieses Krieges können jederzeit beendet werden ... wenn eine Person in Moskau schlicht den Befehl dazu gibt." Er bezog sich damit auf Putin und fügte hinzu: "Und die Tatsache, dass es noch immer keinen solchen Befehl gibt, ist offensichtlich eine Demütigung für die Welt."

Ausschluss aus UNESCO gefordert

Angesichts der massenhaften Vernichtung von kulturellem Erbe durch Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine fordert Selenskyj mit Nachdruck den Ausschluss Moskaus aus der UNESCO. "Die UNESCO ist kein Platz für Barbaren", sagte er in seiner Videoansprache am Samstag in Kiew. Die russischen Truppen würden massenhaft Kulturdenkmäler, Kirchen und andere religiösen Stätten zerstören. Das sei Grund genug, dass Land aus der Kultur- und Bildungsorganisation der Vereinten Nationen auszuschließen, sagte er.

13 Kirchen seien bereits zerstört oder beschädigt worden. Russland sei ein "Terrorstaat", der mit seiner Artillerie das historische Erbe zerstöre. Schon Ende Mai hatte er den Ausschluss Russlands aus der UNESCO verlangt.

Seit Beginn des Kriegs habe Russland bereits mehr als 2.500 Raketen auf die Ukraine abgefeuert, klagte Selenskyj. "Unsere Helden halten die Stellung und tun alles, um dem Feind maximale Verluste zu verursachen." Mit Blick auf den Schwerpunkt der Kämpfe im Donbass in der Ostukraine meinte der Staatschef, es werde der Tag kommen, an dem Russland das Gebiet in Ruhe lassen werde. Dafür sei nur der Befehl eines Menschen entscheidend, sagte er, ohne Kremlchef Putin in Moskau beim Namen zu nennen.

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