Kiew: Russland bereitet Offensive auf Bachmut vor

Lawrow droht mit Ausweitung der Ziele in der Ukraine

Teilen

Wenn der Westen Langstreckenwaffen an Kiew liefere, dann würden die geografischen Ziele in der Ukraine noch mehr ausgeweitet werden.

Kiew (Kyjiw)/Moskau/Washington. Die geografischen Ziele des von Russland so bezeichneten militärischen Sondereinsatzes in der Ukraine sind laut Russlands Außenminister Sergej Lawrow nicht mehr auf den Donbass begrenzt. Sie beträfen bereits eine Reihe anderer Gebiete, sagte er am Mittwoch der russischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti zufolge und drohte mit einer Ausweitung. Wenn der Westen Langstreckenwaffen an Kiew liefere, dann würden die geografischen Ziele in der Ukraine noch mehr ausgeweitet werden.

Lawrow betonte in einem Interview mit dem Sender RT (Russia Today): "Jetzt ist die Geografie anders. Es handelt sich nicht nur um die DNR und die LNR (Donezk und Luhansk, Anm.), sondern auch um die Region Cherson, die Region Saporischschja und eine Reihe anderer Gebiete, und dieser Prozess geht weiter, und zwar konsequent und beharrlich". An den politischen Zielen habe sich nichts geändert: "Der Präsident sagte sehr deutlich, wie Sie ihn zitiert haben - Entnazifizierung, Entmilitarisierung in dem Sinne, dass es keine Bedrohungen für unsere Sicherheit gibt, militärische Bedrohungen aus dem Gebiet der Ukraine, diese Aufgabe bleibt", betonte der Minister.

Friedensverhandlungen erteilte er eine Absage. Eine Wiederaufnahme von Gesprächen mit der Ukraine ergebe im Moment keinen Sinn, sagte Lawrow.

USA will weiter Mehrfach-Raketenwerfer liefern

Die US-Regierung will der Ukraine im Kampf gegen die russischen Invasoren ungeachtet der Drohungen vier weitere Mehrfach-Raketenwerfer vom Typ Himars liefern. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin sagte am Mittwoch bei einem Online-Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe, die bisher gelieferten Himars-Raketenwerfer hätten "auf dem Schlachtfeld so viel bewirkt". Als Teil des nächsten Pakets für die Ukraine würden die USA außerdem weitere Waffen, Munition und Ausrüstung liefern, darunter Raketen und Artilleriegeschosse. Details würden im Laufe der Woche bekanntgegeben.

Mehr als 30 Staaten hätten inzwischen Waffen an die Ukraine geliefert, sagte Austin. Der Konflikt sei in einer "kritischen Phase". "Unsere kollektive Unterstützung für die Ukraine ist also lebenswichtig und dringend." Moskau denke, es könne die Ukraine und den Westen in dem Konflikt überdauern, "aber das ist nur die jüngste in einer Reihe von Fehlkalkulationen Russlands. Wir sind uns einig in unserer Unterstützung."

Unterdessen wurde die strategisch wichtige Antoniwka-Brücke über den Dnipro (Dnepr) durch ukrainische Angriffe so stark beschädigt, dass sie für den Verkehr gesperrt wird. "Wir haben etwa acht Treffer bei der Antoniwka-Brücke gezählt, der Brücke wurde ein ernsthafter Schaden zugefügt", sagte der Vizechef der Besatzungsverwaltung des Gebiets Cherson, Kirill Stremoussow, wie RIA Nowosti berichtete. Insgesamt seien zwölf Raketen mit US-amerikanischen Himars-Raketenwerfern auf das ein Kilometer lange Bauwerk abgefeuert worden. Bereits am Vortag gab es Treffer.

Zerstörung der Flussquerungen als Option

Die Ukraine hatte wiederholt eine Offensive zur Rückeroberung der Südukraine angekündigt. In dem Zusammenhang wurde die Zerstörung der Flussquerungen als Option genannt, um einen Rückzug der russischen Truppen auf das linke Dnipro-Flussufer zu verhindern. Kiew hatte zudem die Zivilbevölkerung der besetzten Gebiete mehrfach zur Flucht aufgefordert.

Russland hat die Ukraine vor knapp fünf Monaten überfallen und dabei unter anderem weite Teile der südukrainischen Gebiete Cherson und Saporischschja unter seine Kontrolle gebracht.

Der ukrainische Generalstab berichtete am Mittwoch in der Früh von russischem Beschuss und Angriffen in zahlreichen Gebieten. Die russischen Truppen bereiteten demnach eine Offensive auf Bachmut in der Region Donezk vor. Es gebe in Richtung Bachmut Kämpfe mit dem Ziel, die Bedingungen für diese Offensive und die Übernahme des Kraftwerks Wuglegirsk zu schaffen. "Es mangelt den feindlichen Einheiten an Munition, Nahrung und Wasser", fügte der Generalstab hinzu, nannte aber keine Details.

Bei russischem Beschuss in der im Osten gelegenen Region Donezk sind nach ukrainischen Angaben fünf Zivilisten getötet worden. 16 Menschen seien verletzt worden, teilte die dortige Regionalregierung auf Telegram mit. In der Stadt Nikopol im Süden seien zwei Menschen bei russischen Angriffen ums Leben gekommen, erklärte die Regierung der Region Dnipropetrowsk, wo die Großstadt liegt, ebenfalls auf Telegram. Der Gouverneur von Charkiw, Oleh Synjehubow, berichtete von russischem Beschuss des Saltiwskyi-Bezirks von Charkiw. Drei Zivilisten seien dabei getötet worden, unter ihnen ein 13-jähriges Kind, meldete die ukrainische Nachrichtenagentur Ukrinform.

Russland: Wichtige Waffensysteme getroffen

Russische Truppen haben nach eigenen Angaben wichtige Waffensysteme und Depots des Gegners getroffen. So sei ein Lager mit Munition für ukrainische Raketen bei dem Ort Soledar im Donbass vernichtet worden, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau am Mittwoch in seinem Lagebericht mit. Ebenso sei im Gebiet Odessa eine Abschussrampe für die Anti-Schiffs-Raketen Harpoon aus US-Produktion zerstört worden.

Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu befahl unterdessen seinen Truppen, entschiedener gegen ukrainische Drohnen über dem Grenzgebiet zu Russland vorzugehen. Auch müsse unterbunden werden, dass ukrainische Truppen Wohngebiete in Orten beschießen, die von russischen Kräften erobert wurden. Das sagte Schoigu dem Ministerium zufolge nach Inspektionen von in der Ukraine eingesetzten russischen Einheiten.

Insgesamt kommt die russische Offensive im Donbass im Osten der Ukraine nach britischen Angaben weiterhin nur langsam voran. Es gebe minimale Geländegewinne, weil die ukrainischen Streitkräfte Widerstand leisteten, teilt das Verteidigungsministerium in London auf Twitter mit und beruft sich auf den neusten Bericht des militärischen Geheimdienstes.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.