Außenminister Alexander Schallenberg geht nicht davon aus, dass der Krieg in der Ukraine rasch beendet wird.
Im Sommer hätte man noch glauben können, dass dieser vielleicht in einen Abnützungskrieg mit geringerer Intensität mündet, sagte er heute im Außenpolitischen Ausschuss des Nationalrats, nach der jüngsten Eskalationsstufe sei aber klar, dass man von einer Friedenslösung weiter entfernt sei denn je. Schallenberg zeigte sich dennoch überzeugt, dass eine Lösung nur am Verhandlungstisch erreicht werden könne. Es sei gefährlich, Forderungen nach einem Waffenstillstand als lächerlich abzutun, warnte er.
Russland-Sanktionen
Was die Haltung der EU gegenüber Russland in Reaktion auf den Krieg in der Ukraine betrifft, verwies Schallenberg auf drei aus seiner Sicht zentrale Faktoren in den nächsten Monaten: "Geschlossenheit, Augenmaß und Nervenstärke". Bis jetzt sei die westliche Wertegemeinschaft "sehr geschlossen" gewesen, meinte er, das aufrechtzuerhalten werde aufgrund der unterschiedlichen Interessenslagen in den EU-Mitgliedstaaten aber nicht einfach sein. Österreich werde aber weiter für diese Geschlossenheit kämpfen. Europa dürfe sich auch nicht "in falscher Sicherheit wiegen", warnte der Außenminister. Die Gefahr einer Internationalisierung des Konflikts sei nicht gebannt, wie nicht zuletzt der Einsatz iranischer Drohnen durch Russland zeige.
"Augenmaß nicht verlieren"
Schallenberg erachtet es aber auch für wesentlich, das Augenmaß nicht zu verlieren. So sprach er sich etwa gegen einen "Sanktionsautomatismus" aus und wandte sich dagegen, die russische Bevölkerung durch eine generelle Visaverweigerung "in Sippenhaft zu nehmen". Das Ziel Österreichs sei nicht "die Vernichtung Russlands", sondern die Wiederherstellung der territorialen Integrität der Ukraine, bekräftigte der Minister.
Als "schweren strategischen Fehler Putins" wertete es Schallenberg, die Gashandelsverträge mit den Russland-Sanktionen zu verknüpfen. Damit hat Putin seiner Meinung nach ein Zweifaches gezeigt: Zum einen habe er damit eingestanden, dass ihm die Sanktionen weh tun. Zum anderen habe er klar gemacht, dass Handels- und Geschäftsverträge für ihn keinen Wert hätten. Das sei nicht einmal zu Sowjetzeiten so gewesen. Der Minister hält es in diesem Sinn auch für "ein gefährliches Wunschdenken", zu glauben, dass Europa im Falle einer Aufhebung der Sanktionen wieder zum "Friedensparadies", das es vor Kriegsbeginn war, zurückkehren könne.
Sowohl Österreich als auch die EU stünden unter Beobachtung, hob der Minister hervor. Die Art und Weise, wie Europa jetzt auftrete und wahrgenommen werde, werde noch jahrzehntelang nachwirken. Gegenüber Drittstaaten ist es nach Auffassung Schallenbergs wichtig klarzumachen, dass an den zum Teil absurd hohen Preisen für manche Güter nicht die Russland-Sanktionen Schuld seien. Schließlich gebe es keine Sanktionen auf Getreide, Ölsaaten, Düngemittel oder Gas.
Sanktionen "wirken"
Dass die Sanktionen tatsächlich wirken, ist für Schallenberg offensichtlich. Ganze Branchen in Russland würden "am Boden liegen", meinte er. Das genaue Ausmaß der Wirkung sei aber schwer abzuschätzen, da Russland seine Zusammenarbeit mit internationalen Finanzorganisationen weitgehend eingestellt habe.
Ausdrücklich bekannte sich Schallenberg auch dazu, die humanitäre Hilfe für die Ukraine fortzusetzen. Österreich ist ihm zufolge, pro Kopf gerechnet, unter den "top vier" in Europa, was die Aufnahme ukrainischer Kriegsflüchtlinge betrifft.
Keine Anzeichen sieht Schallenberg derzeit dafür, dass Belarus militärisch in den Ukraine-Krieg eingreift. Es sei aber Aufmarschgebiet für russische Truppen. Die EU hat ihm zufolge bereits deutlich gemacht, dass die Sanktionen verschärft würden, sollte sich Belarus stärker in den Konflikt einmischen. Österreich würde sich überdies weiterhin für die belarussische Zivilgesellschaft einsetzen.