Korruptionsverdacht

Selenskyj entlässt alle Regionalchefs der Rekrutierungsbüros

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In der Ukraine sind nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyj sämtliche Chefs der regionalen Wehrersatzämter wegen Korruptionsverdachts entlassen worden.

Damit reagierte die Regierung in Kiew auf zahlreiche Fälle, in denen wehrpflichtige Männer Bestechungsgeld zahlten, um nicht zum Verteidigungskrieg gegen Russland eingezogen zu werden. Deshalb wurden bereits mehr als hundert Strafverfahren eingeleitet.

"Dieses System sollen Leute führen, die genau wissen, was Krieg heißt und warum Zynismus und Bestechlichkeit in Kriegszeiten Landesverrat bedeuten", sagte der Staatschef am Freitag in einer Videoansprache. Insgesamt seien bereits 112 Strafverfahren gegen Beschäftigte von Wehrersatzämtern eingeleitet worden.

Vorwürfe gegen den Chef des Wehramts in Odessa

Zuvor hatte der Fall des bereits entlassenen Chefs des Wehramts in der Schwarzmeer-Region Gebiet Odessa besonderes Aufsehen erregt. Er soll Bestechungsgeld entgegengenommen und damit seit Kriegsbeginn umgerechnet mehrere Millionen Euro verdient haben. Für Dokumente über eine Wehrdienstuntauglichkeit und Rückstellungen etwa sollen die gezahlten Preise bei mehreren Tausend Euro liegen.

Nahe der westukrainischen Stadt Iwano-Frankiwsk wurde unterdessen am Freitag bei einem russischen Angriff ein Wohnhaus getroffen und ein achtjähriger Bub getötet. Der ukrainischen Luftwaffe zufolge war in Iwano-Frankiwsk ein Militärflugplatz bei Koloymyja Ziel des russischen Angriffs. Weitere Menschen seien verletzt worden, schrieb die Leiterin der regionalen Militärverwaltung, Switlana Onyschtschuk, auf Telegram. Von insgesamt vier "Kinschal"-Raketen schlugen dort in der Nähe demnach drei ein. Auch die Hauptstadt Kiew wurde mit "Kinschal"-Raketen angegriffen.

Moskau erneut Ziel eines Drohnenangriffs

Moskau ist unterdessen nach Angaben der russischen Behörden erneut Ziel eines Drohnenangriffs geworden. Augenzeugen sprachen von einer "Explosion". In sozialen Netzwerken wurden am Freitagvormittag Fotos und Videos von einer Rauchsäule geteilt, die im Westen der Metropole an der Karamyschewskaja-Promenade emporstieg. Der Bürgermeister der russischen Hauptstadt, Sergej Sobjanin, schrieb auf Telegram, das Fluggerät sei abgeschossen worden. Trümmerteile seien nordwestlich vom Stadtzentrum niedergegangen.

Auch in der Nähe der westrussischen Stadt Kursk sind russischen Angaben zufolge zwei ukrainische Drohnen abgefangen worden. Die Luftabwehr habe sie am späten Donnerstagabend bei ihrem Anflug zerstört, teilte der Gouverneur der gleichnamigen Oblast, Roman Starowoit, am Freitag mit.

Die deutsche Regierung ist nach Angaben aus Sicherheitskreisen mit der Industrie im Gespräch über eine Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine. Es gebe entsprechende Kontakte mit dem Waffenhersteller MBDA, bestätigte ein Insider am Freitag einen "Spiegel"-Bericht. Offiziell erklärte die Regierung allerdings, es gebe bei dem Thema "keinen neuen Sachstand".

Kiew dringt auf Lieferung der Taurus-Raketen

Die Regierung in Kiew dringt auf die Lieferung der Taurus-Raketen, die eine Reichweite von bis zu 500 Kilometern haben und von den Kampfjets Tornado, F-15 und F-18 getragen werden können. Während Großbritannien und Frankreich der Ukraine Raketen mit größerer Reichweite zur Verfügung stellen, ist Deutschland diesbezüglich zurückhaltend. Bundeskanzler Olaf Scholz fürchtet laut "Spiegel", dass die Ukraine mit den deutschen Taurus-Raketen Ziele in Russland angreifen und der Krieg dadurch weiter eskalieren könnte.

Nach Expertenmeinung ist es technisch allerdings relativ einfach, die Reichweite der Taurus-Raketen einzugrenzen. Die rund fünf Meter langen und fast 1.400 Kilogramm schweren Flugkörper sind mit einem eigenen Triebwerk und insgesamt vier voneinander unabhängigen Navigationssystemen ausgestattet.

Die UNO-Koordinatorin in der Ukraine, Denise Brown, hat den russischen Raketenangriff auf ein Hotel in der ukrainischen Großstadt Saporischschja scharf verurteilt. Der Beschuss eines Hotels, das häufig von UNO-Mitarbeitern zur Unterstützung von Kriegsopfern genutzt wird, sei absolut inakzeptabel, schrieb Brown in einer auf der Webseite der Vereinten Nationen veröffentlichten Stellungnahme. Nach Angaben der städtischen Behörden wurde beim Einschlag einer Iskander-Rakete am Donnerstagabend das Hotel "Reikartz" getroffen. Ein Mensch starb, 14 weitere wurden verletzt - darunter auch Kinder. Das ukrainische Verteidigungsministerium wies in einem Tweet darauf hin, dass in dem Hotel ein Kindergarten untergebracht war. Nur dank des Umstandes, dass die Einrichtung eine Stunde vor dem Raketeneinschlag schloss, seien die Kinder am Leben geblieben.

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